Ein Radiointerview mit einem Völkerrechts - Professor, der die Tötungsaktion für rechtswidrig hält:
http://www.br-online.de/bayern2/radiowelt/voelkerrecht-11-kw18-osama-bin-laden-ID1304403158606.xml
Uel hat geschrieben:Der Verantwortungsesthetiker würde abwägen, ob die Folgen hinreichend vorteilhaft sind, um sie verantworten zu können.
(4) Der Gedanke, der Einzelne sei im Interesse des Staatsganzen notfalls verpflichtet, sein Leben aufzuopfern, wenn es nur auf diese Weise möglich ist, das rechtlich verfasste Gemeinwesen vor Angriffen zu bewahren, die auf dessen Zusammenbruch und Zerstörung abzielen (so etwa Enders, in: Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, Art. 1 Rn. 93 <Stand: Juli 2005>), führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen dem Grundgesetz über die mit der Notstandsverfassung geschaffenen Schutzmechanismen hinaus eine solche solidarische Einstandspflicht entnommen werden kann. Denn im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 LuftSiG geht es nicht um die Abwehr von Angriffen, die auf die Beseitigung des Gemeinwesens und die Vernichtung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung gerichtet sind.
AlexRE hat geschrieben:Uel hat geschrieben:Der Verantwortungsesthetiker würde abwägen, ob die Folgen hinreichend vorteilhaft sind, um sie verantworten zu können.
Das würde ich anders formulieren. Für mich bedeutet Verantwortungsethik eine Abwägung der möglichen Folgen dahingehend, ob die möglichen Nachteile verantwortbar sind.
Als Beispiel für ethisch nicht verantwortbare ethische Ansprüche der Gesinnungsethiker kopiere ich die Randziffer 135 des BVerfG - Urteils zum Luftsicherheitsgesetz hier herein. Da hat das Gericht nämlich eine Frage offen gelassen:(4) Der Gedanke, der Einzelne sei im Interesse des Staatsganzen notfalls verpflichtet, sein Leben aufzuopfern, wenn es nur auf diese Weise möglich ist, das rechtlich verfasste Gemeinwesen vor Angriffen zu bewahren, die auf dessen Zusammenbruch und Zerstörung abzielen (so etwa Enders, in: Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, Art. 1 Rn. 93 <Stand: Juli 2005>), führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen dem Grundgesetz über die mit der Notstandsverfassung geschaffenen Schutzmechanismen hinaus eine solche solidarische Einstandspflicht entnommen werden kann. Denn im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 LuftSiG geht es nicht um die Abwehr von Angriffen, die auf die Beseitigung des Gemeinwesens und die Vernichtung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung gerichtet sind.
Quelle: bverfg.de
Wenn die Maßlosigkeit von Gesinnungsethikern als mögliche letzte Konsequenz die Beseitigung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung hinnimmt und lieber den Todfeinden der freiheitlich demokratischen Grundordnung alle staatliche Macht überlässt, als sich selbst die edlen Händchen schmutzig zu machen ("Herrenmenschen der moralischen Art"), missachtet die Gesinnungsethik das einzige Rechtsprinzip, das über dem obersten Staatsziel des Schutzes der Menschenwürde steht, nämlich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Alle staatliche Macht Verbrechern zu überlassen bedeutet nämlich, den Geltungsanspruch aller Grundgesetzpostulate einschließlich denen des Art. 1 GG aufzuopfern, um nicht unschuldige Menschen töten zu müssen. Damit würde die Menschenwürde aller Menschen preisgegeben, auch derjenigen, deren Menschenwürde man durch das Unterlassen ihrer Tötung schützen will. Die Aufopferung des Geltungsanspruches des Rechts ist also ungeeignet, irgendein Recht einschließlich des Anspruches auf den Schutz der eigenen Menschenwürde zu schützen. Ein ungeeignetes Mittel kann aber nicht verhältnismäßig sein. Da sich dies aus den Gesetzen der Logik und damit naturrechtlichen Sphären ergibt, kann auch kein menschlicher Wille die Menschenwürde über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erheben, selbst wenn alle Parlamente der Welt und die UNO - Vollversammlung diesen gesinnungsethischen Anspruch in Gesetzesform gießen würden. Das wäre einfach nur Unrecht mit weltweitem Machtanspruch.
Als Beispiel für Verantwortungsethik im (Kriegs-) Recht führe ich hier ein historisches Beispiel aus dem 2. Weltkrieg an:
http://de.wikipedia.org/wiki/RMS_Laconia_(1921)
Am 12. September 1942 hatten US - Bomber 6 deutsche U-Boote während einer Rettungsaktion für die Passagiere - darunter viele deutsche und italienische Kriegsgefangene, die in die USA gebracht werden sollten - der zuvor versenkten Laconia angegriffen. Dadurch kamen sehr viele Schiffbrüchige um`s Leben (auch Staatsbürger alliierter Länder), weil sie massenhaft auf die Decks der U-Boote geholt worden waren und diese alarmtauchen mussten.
Der amerikanische Bombereinsatz wird heute noch vielfach als Kriegsverbrechen angesehen. Das ist aber falsch und aus naturrechtlichen Gründen praktisch unvertretbar. Im September 1942 war der Sieg der Alliierten noch nicht gesichtert und die zu der Zeit noch sehr erfolgreichen deutschen U-Boote waren ein wichtiges Element des "worst case scenario" des totalen Sieges des Nationalsozialismus, der die absolute Negierung jeglichen Rechts bedeutet hätte.
Wenn die militärischen Sachwalter des Weltrechtsprinzips unter diesen Umständen die Chance ausgelassen hätten, 6 deutsche U-Boote zu versenken, um die Schiffbrüchigen nicht töten zu müssen, hätten sie ein Verbrechen durch Unterlassen an diesem Prinzip begangen. Aus diesem Grund halte ich die negativ besetzte Bezeichnung "Gutmensch" für Gesinnungsethiker nicht für ehrabschneidend. Im Gegenteil, für Unterlassungstäter ist das noch eine nette Bezeichnung.
Ganz anders beurteile ich den Bombenterror der Westalliierten gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Der konnte nur solange verhältnismäßig und damit kriegsvölkerrechtlich legal sein, solange die Verantwortlichen fest überzeugt waren, dass er zur Überwindung des Nationalsozialismus notwendig war. Das war m. M. n. jedenfalls in den letzten beiden Kriegsjahren - spätestens ab Frühjahr 1944 - nicht mehr der Fall. Zu der Zeit wollten sich die Verantwortlichen in London und Washington sehr wahrscheinlich nur nicht eingestehen, dass ihr Konzept des strategischen Bombenkriegs gegen die Zivilbevölkerung feindlicher Länder falsch war, sich selbst nicht und der ganzen Welt nicht.
Der Verantwortungsesthetiker würde abwägen, ob die Folgen hinreichend vorteilhaft sind, um sie verantworten zu können.
Das würde ich anders formulieren. Für mich bedeutet Verantwortungsethik eine Abwägung der möglichen Folgen dahingehend, ob die möglichen Nachteile verantwortbar sind.
Uel hat geschrieben:PS.: Deute ich das philosophisch richtig, dass Du im Gegensatz zu Deiner üblichen Positionen im Fall Bin Laden >Gesinnungs- < und ich Verantwortungsethiker bin?
Härtester Opponent des IStGH sind die USA. Die US-Regierung hat im Jahr 2000 das Statut des IStGH unterzeichnet, aber schon 2002 die völkerrechtlich unübliche, aber zulässige Rücknahme der Unterzeichnung erklärt. Bill Clinton erklärte dazu, dass er das Rom-Statut nicht ratifizieren wollte, so lange den Vereinigten Staaten keine ausreichende Möglichkeit geboten wird, den Internationalen Strafgerichtshof und dessen Funktionsweise über einen längeren Zeitraum zu überprüfen.
Uel hat geschrieben:Wenn das der Preis der Abschaffung der Wehrpflicht sein sollte, Berufssoldaten aus Nachweisgründen ihrer Existenzberechtigung in die weite, weite Welt hinauszuschicken, dann sollten wir lieber schleunigst die Wehrpflicht wiedereinführen und uns diesen harmlosen Luxus einfach leisten.
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