Strategisches Spiel

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Strategisches Spiel

Beitragvon Livia » Fr 9. Okt 2015, 15:54

Die Abgasaffäre um den VW-Konzern hat ein ­aussergewöhnliches Ausmass angenommen. Nüchtern betrachtet, ist der Fall ziemlich alltäglich.
Von Silvio Borner

(...)

Die naive Vorstellung von Umweltregulierungen ist die, dass eine wohlmeinende Politik aufgrund sicherer wissenschaftlicher Grund­lagen objektive Grenzwerte setzt, die von Produzenten und Konsumenten strikte eingehalten werden, um die Welt vor dem Untergang zu retten. Die politökonomische Per­spektive sieht die Regulierung ganz anders, nämlich als ein strategisches Spiel zwischen Regulatoren und Regulierten. Dabei sind die Regulierten häufig alles andere als passive Adressaten, sondern sie treiben die Vorschriften selber voran, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen oder die Regulierungsbehörden zu beherrschen (regulatory capture).

(...)

Für Hybridfahrzeuge wurden Vorschriften erlassen, die als grober Unfug zu taxieren sind. So soll ein SUV-Zweitönner nur gerade mal zwei Liter auf 100 Kilometer verbrauchen. Realität und Prüfstand klaffen immer auseinander. VW ist hier einen fatalen Schritt weitergegangen, wohl in der Hoffnung, dass die Prüfer dies nicht merken oder durchgehen lassen. Dass es gerade die USA waren, die den europäischen Hauptkonkurrenten ins Visier nahmen, ist wohl nicht nur klimapolitisch motiviert gewesen.

(...)

Für einmal ist jetzt VW in diesem Wettlauf bös Zweiter geworden. Aber der Wettlauf wird weitergehen. Und die Regulierungsschrauben werden sich weiter drehen. So gesehen sind ­regulatorische Spiele Negativsummenspiele ohne ökologischen Nutzen, aber mit wachsenden volkswirtschaftlichen Kosten. Mein eingetauschter Wagen ist wegen der neuen Normen als Occasion in der Schweiz unverkäuflich geworden. Er wird deshalb in den Nahen Osten exportiert. Dort wird er noch mindestens zehn Jahre munter weiter gleich viel Abgas ausstossen. Mein Umtausch ist somit auch klimapolitisch wertlos.


http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-4 ... 12015.html

Richtig erkannt, die Amis könnten sich selber an der Nase nehmen, soviel Dreck wie sie und die Chinesen in die Umwelt verpuffen lassen, lässt keine guten Gedanken aufkommen. Aber andere massregeln ist besonders für die Amis von grosser Bedeutung und sie auch in den Ruin treiben ist längst zum Volksport geworden. :evil:
Viele Leute würden bereitwillig zugeben, dass sie sich langweilen; aber kaum einer würde zugeben, dass er langweilig ist.

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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon AlexRE » Fr 9. Okt 2015, 19:22

Livia hat geschrieben: Dass es gerade die USA waren, die den europäischen Hauptkonkurrenten ins Visier nahmen, ist wohl nicht nur klimapolitisch motiviert gewesen.

Richtig erkannt, die Amis könnten sich selber an der Nase nehmen, soviel Dreck wie sie und die Chinesen in die Umwelt verpuffen lassen, lässt keine guten Gedanken aufkommen. Aber andere massregeln ist besonders für die Amis von grosser Bedeutung und sie auch in den Ruin treiben ist längst zum Volksport geworden. :evil:


Bislang haben amerikanische Gerichte viel mehr existenzbedrohende bzw. existenzvernichtende Strafschadensersatzurteile gegen amerikanische Unternehmen als gegen deren Konkurrenz erlassen. Europäische Firmen können sie auch nicht vernichten, weil amerikanische Zivilgerichtsurteile mit ihren astronomischen Schadensersatz - Summen in Europa nirgends vollstreckt werden können. Kein europäischer Staat hat entsprechende Abkommen mit den USA geschlossen. VW könnte also schlimmstenfalls sein amerikanisches Zweigwerk und den Zugang zum amerikanischen Markt verlieren. Aber selbst das ist noch lange nicht raus, weil der oberste US - Gerichtshof ("Supreme Court") die Schadensersatzsummen oft auf ein vernünftiges Maß deckelt.

Außerdem übersehen die Vertreter der Theorie einer amerikanischen Verschwörung gegen die europäische Konkurrenz, dass VW sich mit kriminellen Machenschaften selbst in Schwierigkeiten gebracht hat. Die Ursache der Krise konnten die Amerikaner also schlecht planen.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon Staber » Fr 9. Okt 2015, 19:33

Mich würde es wundern, wenn andere Hersteller das nicht auch machten. Wenn die Grenzwerte so streng sind, dass man sie nur durch Betrug erreichen kann, dann werden auch die anderen Hersteller sie legal nicht einhalten können. Zaubern können die auch nicht. Das ist doch ähnlich wie beim Doping im Sport. Wo sollen denn auch so große technologische Unterschiede herkommen? Es kaufen doch alle die selben Teile bei den selben Zulieferern ein. Sogar weite Teile der Software im Steuergerät kommt vom Zulieferer. Womöglich taucht deshalb die Betrugssoftware auch noch bei anderen Herstellern auf.
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon AlexRE » Fr 9. Okt 2015, 20:27

Das ist doch ähnlich wie beim Doping im Sport.


Der Vergleich passt. Unter harten Konkurrenzbedingungen führt die mangelhafte Verfolgung von Regelverletzern (egal ob aus politischem Unwillen oder wegen praktischer Hürden für die Verfolger) immer dazu, dass alle Wettbewerber sich entscheiden müssen, entweder auch in den Rechtsbruch einzusteigen oder sich auf die Verliererstraße zu begeben.
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon maxikatze » Sa 10. Okt 2015, 06:09

AlexRE hat geschrieben:
Livia hat geschrieben: Dass es gerade die USA waren, die den europäischen Hauptkonkurrenten ins Visier nahmen, ist wohl nicht nur klimapolitisch motiviert gewesen.

Richtig erkannt, die Amis könnten sich selber an der Nase nehmen, soviel Dreck wie sie und die Chinesen in die Umwelt verpuffen lassen, lässt keine guten Gedanken aufkommen. Aber andere massregeln ist besonders für die Amis von grosser Bedeutung und sie auch in den Ruin treiben ist längst zum Volksport geworden. :evil:


Bislang haben amerikanische Gerichte viel mehr existenzbedrohende bzw. existenzvernichtende Strafschadensersatzurteile gegen amerikanische Unternehmen als gegen deren Konkurrenz erlassen. Europäische Firmen können sie auch nicht vernichten, weil amerikanische Zivilgerichtsurteile mit ihren astronomischen Schadensersatz - Summen in Europa nirgends vollstreckt werden können. Kein europäischer Staat hat entsprechende Abkommen mit den USA geschlossen. VW könnte also schlimmstenfalls sein amerikanisches Zweigwerk und den Zugang zum amerikanischen Markt verlieren. Aber selbst das ist noch lange nicht raus, weil der oberste US - Gerichtshof ("Supreme Court") die Schadensersatzsummen oft auf ein vernünftiges Maß deckelt.

Außerdem übersehen die Vertreter der Theorie einer amerikanischen Verschwörung gegen die europäische Konkurrenz, dass VW sich mit kriminellen Machenschaften selbst in Schwierigkeiten gebracht hat. Die Ursache der Krise konnten die Amerikaner also schlecht planen.


Also ich traue ihnen ohne weiteres zu, dass sie sämtliche VW-Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen. Cui bono?
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon Livia » Sa 10. Okt 2015, 08:38

Also ich traue ihnen ohne weiteres zu, dass sie sämtliche VW-Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen. Cui bono?


Nicht nur das, ich habe hier gelesen, dass in Amerika viele Besitzer von VW-Fahrzeugen Klage einreichen, sogenannte Sammelklagen, das könnte VW den Kopf kosten. :shock:
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon AlexRE » Sa 10. Okt 2015, 09:36

maxikatze hat geschrieben:Also ich traue ihnen ohne weiteres zu, dass sie sämtliche VW-Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen. Cui bono?


In den USA vielleicht, in Europa können sie VW keinen Schaden zufügen, denn die europäischen Gerichte nicht mitmachen. "Cui bono" könntest Du im Übrigen auch in Richtung der VW - Manager fragen. Ohne die hätten die Amis ja keine Gelegenheit, VW zu schaden.
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon maxikatze » Sa 10. Okt 2015, 09:47

Livia hat geschrieben:
Also ich traue ihnen ohne weiteres zu, dass sie sämtliche VW-Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen. Cui bono?


Nicht nur das, ich habe hier gelesen, dass in Amerika viele Besitzer von VW-Fahrzeugen Klage einreichen, sogenannte Sammelklagen, das könnte VW den Kopf kosten. :shock:


Und in Deutschland auch. Mal sehen wie die Richter entscheiden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Deutschland für diese Fahrzeuge die Kaufverträge rückabgewickelt und die Autos zurück genommen werden. Eine Schadensersatzsumme ist da schon wahrscheinlicher.
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon maxikatze » Sa 10. Okt 2015, 09:50

AlexRE hat geschrieben:
maxikatze hat geschrieben:Also ich traue ihnen ohne weiteres zu, dass sie sämtliche VW-Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen. Cui bono?


In den USA vielleicht, in Europa können sie VW keinen Schaden zufügen, denn die europäischen Gerichte nicht mitmachen. "Cui bono" könntest Du im Übrigen auch in Richtung der VW - Manager fragen. Ohne die hätten die Amis ja keine Gelegenheit, VW zu schaden.


Also ich kann mir schon eine klammheimliche Freude der anderen Autofabrikanten vorstellen.

Und mit Blick auf rettet die Banken, rettet den Euro, rettet das Klima, rettet Griechenland, rettet die Flüchtlinge, wird wohl ein rettet VW dazu kommen. :lol:
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Re: Strategisches Spiel

Beitragvon AlexRE » Sa 10. Okt 2015, 10:13

Freuen werden sich nur die Wettbewerber von VW, die selbst keinen Dreck am Stecken haben. Ich schätze aber, das vielen derzeit der A ... auf Grundeis geht.
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