Geschlossene Gesellschaft

Hier wird die Frage diskutiert, ob die Wehrpflicht in ihrer heutigen Form überhaupt noch verfassungsgemäß ist.

Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Do 17. Feb 2011, 13:27

Zu der gestrigen Meldung über Plagiatsvorwürfe gegen den Verteidigungsminister wegen seiner Dissertation (siehe auch unseren thread "Thema des Tages"):

Die Formulierungen sind wirklich sehr ähnlich (links die Dissertation, rechts der 1997 erschienene Artikel), vielleicht sind z. Guttenberg und Frau Zehnpfennig ja so etwas wie intellektuelle Seelenverwandte: ;)

Bild

Quelle: faz.net

Die Einleitung "e pluribus unum" ist wirklich witzig für eine aus vielen Quellen abgekupferte wissenschaftliche Arbeit...

Im Ernst, ich kann mir nicht vorstellen, dass z. Guttenberg so viele so schwere Fehler gemacht hat. Er wird nur einen sehr großen Fehler gemacht haben, nämlich einen Missgriff bei der Auswahl seines Ghostwriters. Er hatte sehr wahrscheinlich auf dem bereits begonnenen politischen Karriereweg gar nicht mehr die Zeit für eine herkömmliche Promotion, wollte aber nicht auf den Dr. - Titel verzichten. Dumm gelaufen...
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Sa 19. Feb 2011, 18:14

Mit den heutigen neuen Vorwürfen, dass Teile der Dissertation von einem leitenden Mitarbeiter des wissenschaftlichen Dienstes geschrieben wurden, nimmt der Skandal ein ganz anderes Ausmaß an als bisher:

Die SPD äußerte jetzt den Verdacht, Guttenberg habe sich eines Ghostwriters bedient. Sie forderte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zu einer raschen Klärung des Vorgangs auf.

Der Ministerialrat Dr. Dr. Ulrich Tammler verfasste 2004 für Guttenberg die Ausarbeitung "Die Frage nach einem Gottesbezug in der US-Verfassung und die Rechtsprechung des Supreme Court zur Trennung von Staat und Religion". Obwohl Abgeordnete den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags nur für mandatsbezogene Arbeit nutzen dürfen, habe Guttenberg den Text nahezu vollständig in seine Dissertation eingefügt. Änderungen an dem Text fänden sich kaum. Tammler werde namentlich in keiner Quellenangabe zitiert.


Quelle: spiegel.de

Wenn das stimmt, stellt es jede Dienstwagenaffäre o. ä. der Vergangenheit in den Schatten.

Zu den reinen Plagiatsvorwürfen habe ich bislang zurückhaltend gepostet, das kann man so oder so bewerten, jedenfalls wird durch die Verletzung wissenschaftlicher Spielregeln keinem Menschen unmittelbar Schaden zugefügt.

Von jeder Art illegaler Selbstbedienung ohnehin üppig alimentierter Staatsmächtiger auf Kosten des gebeutelten deutschen Steuerzahlers habe ich dagegen absolut die Schnauze voll und für keinen einzigen abgezockten Euro mehr das allergeringste Verständnis.
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Mo 21. Feb 2011, 20:04

Das ist noch besser als die Einleitung "e pluribus unum", der Großvater des Ministers hat 1971 ein Buch mit dem Titel "Fußnoten" veröffentlicht: :lol:

Veröffentlichungen

Gemeinsame Außenpolitik? Eine Antwort auf Herbert Wehner, Bonn 1960
Wenn der Westen will. Plädoyer für eine mutige Politik, Stuttgart 1964
Deutschland in der atlantischen Partnerschaft, Düsseldorf 1965
Wege zur Wiedervereinigung. Brauchen wir eine neue Deutschlandpolitik?, Hamburg 1965
Die Zukunft Europas. Wirtschaftliche, politische und weltanschauliche Aspekte, Düsseldorf 1970
Im Interesse der Freiheit, Stuttgart 1970
Fußnoten, mit einem Vorwort von Friedrich Torberg, Stuttgart 1971
Die neue Ostpolitik. Wege und Irrwege, Osnabrück 1972


Quelle: wikipedia.org
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Di 22. Feb 2011, 15:16

Noch eine interessante Fußnote, der Großvater von K. T. z. Guttenberg war maßgeblich am Sturz von Ludwig Erhardt beteiligt:

Der Erfinder der "sozialen Marktwirtschaft", der für die CDU/CSU in den Bundestagswahlen 1965 noch sagenhafte 47,6 Prozent erfochten hatte, war am 1. Dezember 1966 vom Amt des Bundeskanzlers zurückgetreten. Und zwar nicht deshalb, weil er als Regierungschef keinen Erfolg gehabt hätte, sondern weil der innerparteiliche Widerstand gegen ihn so stark angewachsen war, dass er ihn für unüberwindlich hielt.

Dieser Widerstand baute sich nicht in erster Linie gegen Erhards berühmte Wirtschaftspolitik auf, sondern gegen seine außenpolitischen Ambitionen. Ludwig Erhard hatte im März 1966 eine Note verfasst, die er "Deutsche Vorschläge für eine konstruktive Friedenspolitik" nannte und in der er der Sowjetunion und allen Ostblockstaaten den Austausch förmlicher Gewaltverzichtserklärungen, Abrüstung und Entspannung anbot - eine Vorwegnahme der Brandt'schen Ostpolitik. Über diese "Friedensnote" waren die sogenannten "Gaullisten" in der CDU/CSU-Fraktion so erbost, dass sie den Aufstand wagten. Die "Gaullisten" hatten sich nach Kennedys Anstoß zur Entspannungspolitik enttäuscht von Amerika abgewandt und in Frankreichs Präsident Charles de Gaulle einen starken Verbündeten gegen das Sowjetreich gesucht. Unter ihrem Anführer Karl-Theodor zu Guttenberg (1921 bis 1972), einem charismatischen und wertkonservativen Gentleman, gewannen die Gaullisten schnell an Einfluss auf die Fraktionsführung.


Quelle: cicero.de

Das passt ja wirklich wie die Faust auf`s Auge, ein reicher Adelsmann organisiert das Begräbnis der Idee vom "Wohlstand für alle" und leitet die Refeudalisierung der Gesellschaft ein ...
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Mi 23. Feb 2011, 16:48

Vor zwei Jahren wurde ein Bundeswehroffizier nach einem Plagiatsfall degradiert:

Halle (Saale)/MZ. Vor zwei Jahren ist ein Bundeswehr-Offizier degradiert worden, weil er an der Bundeswehr-Universität München eine plagiierte Examens-Arbeit eingereicht hat. Das teilte ein Sprecher der Hochschule der MZ mit.

(...)

Der Sprecher erklärte, dass Arbeiten abgeschrieben würden, komme „immer wieder mal vor“. Je nach Schwere der Fälle könne dies Geldstrafen oder Degradierungen nach sich ziehen. Werde nachgewiesen, dass eine eingereichte Arbeit von einem Ghostwriter stamme, sei „ein Offizier nicht mehr tragbar“.


Quelle: mz-web.de

Die Nachricht kommt Merkel und z. Guttenberg jetzt natürlich sehr ungelegen, ein Verteidigungsminister, der als "Offizier nicht tragbar" wäre...

Allerdings muss für einen Verteidigungsminister - also Spitzenpolitiker - nicht unbedingt gelten, was für Offiziere gilt. Wenn ein Herr Hunzinger seine Geschäfte mit höheren Beamten getätigt hätte, wären deren Karrierewege nach dem Auffliegen der Vorteilsnahme beendet gewesen. Für den Spitzenpolitiker Özdemir galt das in Deutschland eben nicht, warum soll also für den Verteidigungsminister gelten, was für Offiziere gilt?
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon Ricarda » Mi 23. Feb 2011, 20:33

http://www.focus.de/politik/deutschland/bayreuth-uni-erkennt-guttenberg-doktortitel-ab_aid_602897.html

Auch der Focus hat schon über die Aberkennung des Doktortitels berichtet. War wohl nichts mit dem freiwillig Zurückgeben.

Aber so ein Politiker kann ja einiges wegstecken.
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Do 24. Feb 2011, 19:35

Vor einem Jahr hat die CDU einen weniger wichtigen Politiker wegen desselben Fehlverhaltens, das z. Guttenberg zur Last gelegt wird, wie eine heiße Kartoffel fallenlassen:

Nicht jeder Unionspolitiker kann auf die Rückendeckung seiner Partei zählen: Während Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sich wegen der Plagiatsvorwürfe gegen seine Dissertation reumütig zeigt, dessen Doktortitel inzwischen aberkannt wurde und die Affäre parteiintern damit erledigt scheint, wurde ein anderer Shootingstar der Christdemokraten für seinen Wissensklau bereits 2010 hart abgestraft. Der damalige CDU-Landesverbandsvorsteher im Kreis Lippe und Büroleiter im niedersächsischen Sozialministerium, Andreas Kasper, flog nach der Aberkennung seines Doktorgrades aus dem Amt.


Quelle: t-online.de

Außerdem musste dieser Übeltäter wegen strafbarer und ordnungswidriger Urheberrechtsverstöße 9.000 € Geldstrafe, 10.000 € Bußgeld und 5.000 Euro Schadensersatz bezahlen.

Das Abwiegeln in dem aktuellen Fall wird also schwieriger. Wenn der immer noch populäre Verteidigungsminister gehalten werden soll, wird - mal wieder - ein neues Kapitel in einem ganz dicken Wälzer geschrieben werden, dem mit dem Titel "Gleich und Gleicher vor dem deutschen Gesetz".
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Fr 25. Feb 2011, 14:41

Gerade auf dem (Partner-) Forum "wir-koennen-auch-anders" geschrieben:

dundee hat geschrieben:für mich steht mittlerweile fest, nach langen vermutungen, dass hier, wenn die BILD mitzieht, ein neues bauernopfer sein kurzes leben noch genießen darf.

und ich persönlich denke, dass aus genau DIESEM grund und im gegensatz zu westerwelle, dem man aus naheliegenden gründen die sympathie gar nicht erst entziehen mußte,


Normalerweise bin ich kein Freund von Verschwörungstheorien, aber die vielen "Skandale", die immer genau passend kamen, um dem System Kohl unbequeme Querköpfe vom Hals zu schaffen (Süssmuth, Späth z. B.), sind schon ein sehr starkes Indiz dafür, dass dieses von Merkel geerbte System vorzugsweise Sympathieträger mit "Leichen im Keller" aufbaut, um sie notfalls schnell wieder loszuwerden.
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon Ricarda » Fr 25. Feb 2011, 14:46

Da frage ich mich aber zunehmend, welche Leichen bei Angie im Keller rumliegen. Ich kann mir nicht denken, dass es bei ihr keine gibt.
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Re: Geschlossene Gesellschaft

Beitragvon AlexRE » Di 1. Mär 2011, 13:30

Der Verteidigungsminister ist zurückgetreten, angeblich um die Plagiatsaffäre nicht auf dem Rücken der Soldaten austragen zu müssen:

http://www.tagesschau.de/inland/guttenberg762.html

Neben Lammert und Schavan:

http://www.sueddeutsche.de/politik/anette-schavan-ueber-guttenberg-ich-schaeme-mich-nicht-nur-heimlich-1.1065529

hatten sich zuvor auch Kurt Biedenkopf und Bernhard Vogel gegen ihn gewendet:

http://www.sueddeutsche.de/politik/plagiats-affaere-biedenkopf-legt-guttenberg-ruecktritt-nahe-1.1066212

Offenbar geht es weniger um die Schonung des Rückens der Soldaten, als vielmehr um die Meidung interner Konflikte in der Union.
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