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Milliarden-Sparpaket Italien fürchtet Montis neue GiftlisteVon Fabian Reinbold
Zehntausende Stellen sollen wegfallen, Provinzen aufgelöst und Dienstwagen verkauft werden: Italiens Premier Mario Monti muss kurzfristig ein neues Milliarden-Sparpaket durchsetzen - sonst ist sein Erfolg beim Brüsseler Gipfel nichts wert.Rom - Der Gewerkschaftsführer Giovanni Faverin kennt sich aus mit Krankenhäusern. Er hat mal Gesundheitsmanagement studiert, selbst in Kliniken gearbeitet. Seine Diagnose für den Krisenpatienten Italien klingt so: "Die Regierung schiebt den Patienten in den OP, ohne ihn vorher geröntgt zu haben." Man riskiere, das falsche Bein zu amputieren, sagte Faverin in Rom. Eine überstürzte Operation.
Italiens Regierung hat eine neue kurzfristige Sparrunde eingeläutet - und was von dem geplanten Kürzungsdekret durchsickert, versetzt das Land in Alarmbereitschaft. Noch in diesem Jahr sollen zehn Milliarden Euro eingespart werden. Aufregung und Verwirrung sind groß. Am Donnerstag titelte der rechtsliberale "Corriere della sera" mit einer Liste der "149 Krankenhäuser, die schließen müssen" - am Mittag hieß es dann, es müssten doch keine Kliniken dichtmachen. Die eine Milliarde Euro im Gesundheitssystem solle an anderer Stelle gespart werden.
In der Nacht zum Freitag hat das Kabinett das neue, schnell zusammengeschusterte Sparpaket beschlossen. Noch in diesem Jahr sollen 4,5 Milliarden Euro eingespart werden. Bis 2014 soll der Staat rund 26 Milliarden weniger ausgeben, vor allem beim Personal der öffentlichen Verwaltung. Dann muss Mario Monti das Milliardenpaket durch das sparunwillige Parlament bringen - scheitert er daran, ist auch sein Erfolg beim EU-Gipfel vergangene Woche nicht mehr viel mehr wert.
Die wichtigsten Punkte aus Premier Montis Sparpaket:
■Zehn Prozent der Stellen im Öffentlichen Dienst sollen gestrichen werden, bei Führungskräften gar zwanzig Prozent. Beim Militär soll jede zehnte Stelle wegfallen. Insgesamt sollen 55.000 Stellen wegfallen.
■Weitere Einschränkungen für Staatsdiener: Im August in der Ferienwoche Ferragosto sowie zu Weihnachten sollen die Verwaltungen geschlossen bleiben, es gibt also Zwangsurlaub. Nicht genommenen Urlaub sollen sich die Staatsdiener nicht mehr auszahlen lassen können.
■Im Gesundheitssystem soll 2012 eine Milliarde gespart werden, 2013 zwei Milliarden. Ursprünglich hatte es geheißen, Krankenhäuser mit weniger als 80 Betten sollen schließen, nun will man die Entscheidung den Regionen überlassen.
■Noch im Sommer soll die Zahl der 109 Provinzen reduziert werden. Gleichzeitig sollen diese im laufenden Jahr 700 Millionen Euro weniger bekommen, 2013 dann eine Milliarde Euro einbüßen.
■200 Millionen Euro müssen die chronisch unterfinanzieren Universitäten einbüßen.
■Die Zahl der Dienstwagen für öffentliche Amtsträger, der sogenannten "auto blu", soll bis 2013 halbiert werden.
Montis Streichkonzert ist das erste Ergebnis der groß angekündigten "spending review"- einer umfassenden Überprüfung der öffentlichen Ausgaben. Darauf setzte Monti Ende April eigens einen Verschwendungskommissar an: Enrico Bondi, 77 Jahre und erfahrener Unternehmenssanierer, sollte den Widerstand in der Verwaltung überwinden.
Natürlich wird niemand von heute auf morgen entlassen. Die einzelnen Quoten für die Ministerien müssen noch festgelegt werden. Dennoch beeindruckt das Tempo Bondis, und viele fragen sich: Warum dieses Hauruckverfahren?
http://www.spiegel.de/politik/ausland/i ... 42830.html