Eine unendliche Geschichte: Bagatellkündigungen

Hier wird das wirtschaftspolitische Profil für die Zeit nach der 2. Parteigründung diskutiert.

Eine unendliche Geschichte: Bagatellkündigungen

Beitragvon AlexRE » Sa 7. Aug 2010, 16:37

Zu meinem gestrigen Beitrag unter "Thema des Tages" lege ich heute einen thread an. Das Thema habe ich auch auf dem Portal "Bürgermeinungen" veröffentlicht.
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Weiter geht`s:

Gekündigt wegen eines Streits um eine Flasche: Eine 32-jährige Putzfrau aus Baden-Baden hat ihren Arbeitsplatz verloren. Der Grund: Ein Schluck Orangensaft.

(...)

Nach Erfahrung von Richter Maier kann eine Kündigung wegen eines Bagatelldeliktes durchaus ein vorgeschobener Grund sein: „Ganz ehrlich: Bei einem brillanten Arbeitnehmer macht der Arbeitgeber bei fünf Euro kein Theater.“ Bei einem unliebsamen Mitarbeiter dagegen sei so ein Bagatelldelikt dagegen vielleicht eine „willkommene Sache“, meinte Maier.


Quelle: abendblatt.de

Damit spricht der Arbeitsrichter den Kern des Problems an. Ausserordentliche fristlose Kündigungen im Falle von Diebstahl oder Unterschlagung von Cent - Werten sind nur deshalb verhältnismäßig, weil dadurch das Vertrauensverhältnis zwischen AG und AN irreparabel beschädigt wird.

Von einer vom AN zu vertretenden Beschädigung des Vertrauensverhältnisses kann natürlich keine Rede sein, wenn der AG bei unliebsamen Mitarbeitern auf einen Fehler lauert, denen er anderen Mitarbeitern durchgehen lässt.

Es kommt also auf die betriebliche Praxis an. Das sollte m. M. n. gesetzlich fixiert werden, damit die Rechtsunsicherheit für eine sehr grosse Zahl von Menschen endlich beseitigt wird.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Eine unendliche Geschichte: Bagatellkündigungen

Beitragvon Sall May » Sa 7. Aug 2010, 19:17

Bagatellkündigungen sind ein sehr komplexes Thema. Meine AN z. B. konnten essen und trinken was sie wollten. Früher war es mal Usus, das man das in Unternehmen so breithielt. Natürlich durften wir als AN früher auch die restlichen Frikadellen, die sonst weggeworfen wurden mitnehmen. Das sagte der Chef:"Leute greift zu, sonst müssen wir das gar wegwerfen".

Was in kleinen Unternehmen möglich ist, ist es in großen oft nicht. Besonders dann wenn die AN nicht loyal sind. So erlebte ich in meiner Arbeitszeit als Freiberuflerin in einer sehr großen Werbeagentur, das kaum einer abeitete solande die Chefs außer Haus waren. Später wurden denen Lügen über: "Ach wir haben soviel getan, haben aber nicht alles geschafft und müssen bezahlte Überstunden leisten, geäußert".

Bisweilen, und ich war Jahrzehnte auch Freiberuflerin erlebet ich, wie viel Fotokopien, wieviel Bleistifte und mehr mitgenommen wurden, so das in der Summe, es wirklich unhaltbar wurde".

Man sollte sich auf beiden Seiten ins Behnehmen setzen und mal endlich wieder lernen wie es gehen kann.

Wenn ich ein Unternehmen mit 4 Mitarbeitern habe, dann kann ich evtl. noch anders vorgehen als in den großen Unternehmen.

Es ist auch eine Frage der Moral ob ich etwas mitgehen lassen, oder vorher mal frage. Und seien es nur 4 Fotokopien. Ein Unternehmen hat dafür in der Regel zu zahlen. Es zahlt ein Gehalt, und Diebstähle jedweglicher Art sind kein Kavaliersdelikt.

Jeder Bleistift kostet Geld, jedes Blatt Papier, jedes Werkzeug und jede Kopie. Doch oft wird geklaut wie bei den Raben. Wie sollen die Unternehmen das auffangen. Besonders wenn es um kleinere Unternehmen geht. Kann man sich den Bleistift, den Schraubenzieher, wirklich nicht vom bezahlten Gehalt kaufen?

Es gibt immer 2 Seiten einer Medaille. Natürlich sollte man wegen einem Schluck Orangensaft so ein Theater, wie erwähnt durchführen sollen. Jedoch geht es auch um Moral aller Beteiligten, oder? Leider macht man sich mit solchen Themen oft unbeliebt, doch das sollte nicht dazu führen diese nicht zu führen.

Die Fronent scheinen sich nur zu verhärten weil man nicht bereit ist sich zu einigen. Man scheint menschlich, moralisch dazu nicht mehr wirklich in der Lage.

Soll ein Arbeitgeber alles zahlen müssen für Unmoral? Fragt da der Gesetzgeber nach?

Arbeitneher die zu schlechten Konditionen Arbeit annehmen, tragen die keine Verantwortung. Oder kann man daraus ein Recht des Diebstahls ableiten? Wie also sollen wir diese bestehen, gravierende Problematik ein für alle Mal lösen? Antworten sind mehr als erwünscht.
Sall May
 

Re: Eine unendliche Geschichte: Bagatellkündigungen

Beitragvon Sall May » Sa 7. Aug 2010, 19:18

Diebstahl an sich, auch von AN. Ich möchte dem noch etwas hinzufügen, wenn ich etwas als Selbständiger anschaffe dann habe ich dafür bezahlt. In meiner Zeit als Selbständige wurden Laptops, Kameras und mehr gestohlen. Einige waren im Vorfeld finanziert worden und als Sicherheit an die Banken abgetreten worden.

Dann waren die Dinger weg. Wer hat hier die A-Karte? Ich hätte als Selbständige besser kontrollieren sollen? Wie sollen die Selbständigen das machen ohne Videoüberwachung? Die Haftung liegt immer beim Selbständigen, so eine Haftung kann man in real gar nicht übernehmen können wollen, oder?

Ein bißchen Resepkt vor anderer Leute Eigentum täte auch gut. Wobei, für eine Flasche Oragensaft oder einen Schluck würde ich nicht unbedingt eine Kündigung aussprechen wollen. Doch fragt man sich ob das was im Kleinen geschieht sich nicht nach oben Fortsetzt? Man kann doch fragen ob etwas genehml ist, sich ggfs. das auch im Interesse der eigenen Sicherheit schriftlich geben lassen? Ist das zuviel verlangt?

Doch was wenn ich ein Unternehmen mit vielen hunderten von Leuten leite, die meinen sie können alle einen Bleistift, ein Stück Papier, Fotokopien, oder Saftflaschen mitgehen lassen? Das wird teuer, wer soll und will das tragen?
Sall May
 

Re: Eine unendliche Geschichte: Bagatellkündigungen

Beitragvon GasGerd » Mi 26. Okt 2011, 18:21

Ungerecht empfundene Kündigungen sind immer wieder für ein Aufreger und ein Publikumsinteresse gut, das z. B. bei gmx viel dramatischere Themen vom 1. Platz der top ten verdrängen kann:

Das hier ist schon etwas informativer als der gmx - Artikel:

"Millers Chef rechtfertigte sich in der "Bild"-Zeitung für seine Entscheidung. Derzeit beschäftige er nur drei Arbeitskräfte; zudem laufe das Geschäft saisonbedingt nicht so gut. "Da bin ich dankbar, wenn ich eine Mitarbeiterin nicht bezahlen muss."


Miller sagte, sie arbeite seit August an zwei Tagen in der Woche für jeweils vier Stunden. Dafür erhalte sie 400 Euro. Angeblich will ihr Chef sie laut der "Bild"-Zeitung im Frühjahr 2012 wieder einstellen."

http://www.welt.de/vermischtes/article13681459/Chef-feuert-Wer-wird-Millionaer-Gewinnerin.html

1. Gilt das Kündigungsschutzgesetz für Betriebe unter 10 Mitarbeitern überhaupt nicht, er durfte sie also auch ohne Begründung entlassen.

2. Würde der Kündigungsschutz auch in einem größeren Betrieb für ein Arbeitsverhältnis, das erst seit August 2011 besteht, noch gar nicht bestehen. Der beginnt erst nach 6 Monaten, vorher kann der Arbeitgeber immer kündigen, ob jetzt eine Probezeit vereinbart wurde oder nicht.

3. Wäre hier eine betriebsbedingte Kündigung selbst bei vollem Kündigungsschutz sehr wahrscheinlich rechtmäßig, da ja die Auftragslage schlecht ist und der Chef froh war, eine nicht benötigte Mitarbeiterin kündigen zu können, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Wenn der Betrieb schrumpft und der Arbeitsplatz wegfällt, ist hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Kündigung nur noch die richtige Sozialauswahl wichtig, das trifft dann meist die Mitarbeiter, die noch nicht so lange zum Betrieb gehören oder die z. B. keine Unterhaltspflichten haben und den Arbeitsplatz nicht so dringend brauchen.

Allerdings muss der Chef die Kündigung noch schriftlich bestätigen, eine SMS reicht da nicht. Da gibt es Formerfordernisse.


http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/13432067?sp=371#jump
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Re: Eine unendliche Geschichte: Bagatellkündigungen

Beitragvon Staber » Sa 29. Okt 2011, 17:02

Klauen ist klauen und wenn man über Jahre bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist, muß alleine der Arbeitnehmer wissen, ob er sich durch so eine leichtfertige Handlung, kündigen lassen will. Das Vertrauen ist auf jeden Fall dahin....die eine Seite.
Die andere, solange Manager und Banker ungeschoren riesige Firmenkomplexe zerstören, dabei zahlreiches Leid über unzählige Familien bringen und dafür noch mit dicken Boni belohnt werden, Politiker käuflich sind (Steuergeschenke nach Spendeneingang), dicke Steuersünder ihren Ruhestand in teuren Willen genießen (Zumwinkel), so lange ist es gerecht, zu klauen, denn es muß gelten: gleiches Recht für alle!

gruß staber
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Lord George Gordon Noel Byron
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Gruß Staber
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Re: Eine unendliche Geschichte: Bagatellkündigungen

Beitragvon AlexRE » So 30. Okt 2011, 13:52

Staber hat geschrieben:Die andere, solange Manager und Banker ungeschoren riesige Firmenkomplexe zerstören, dabei zahlreiches Leid über unzählige Familien bringen und dafür noch mit dicken Boni belohnt werden, Politiker käuflich sind (Steuergeschenke nach Spendeneingang), dicke Steuersünder ihren Ruhestand in teuren Willen genießen (Zumwinkel), so lange ist es gerecht, zu klauen, denn es muß gelten: gleiches Recht für alle!

gruß staber


Mittlerweile sehen es viele Menschen als eine Art Notwehr an, die zu beklauen, von denen sie sich beklaut fühlen. Ich fürchte aber, dass jede Art von eigenmächtiger Rechtsverfolgung naturgemäß sehr oft die falschen Leute erwischt und am Ende nur destruktiv und schädlich für alle Menschen ist. Deshalb ziehe ich unter der äußeren Bedingung zerstörter Gesellschaftsverträge (Recht = geschriebener Gesellschaftsvertrag und Moral = ungeschriebener Vertrag) den Rückzug auf eine individuelle Sozialästhetik vor. Ich klaue um meiner selbst Willen auch dann nicht, wenn ich in meinem Umfeld nur noch Diebe vorfinde.

Vielleicht ist das ja eine Ausgangsbasis für eine spätere Wiederherstellung funktionierender Gesellschaftsverträge. Noch wichtiger als dieser Rückzugsraum ist aber die Verständigung der Menschen untereinander, die an neuen Verträgen interessiert sind. Wenn die sich nur in Misantrophie flüchten, anstatt koordiniert politisch zu handeln, ist ihre ganze Sozialästhetik im Endeffekt nichts als eine besondere Art von Eitelkeit.
Der Stuttgarter OB Rommel:

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