FOCUS ONLINE Gesundheit - "Nicht aussagekräftig - Todeszahlen 3 Wochen alt: Mediziner warnt vor „Mega-Lockdown auf Basis unbrauchbarer Zahlen“"Dienstag, 19.01.2021, 17:25
Mediziner und Soziologe Bertram Häussler warnt davor, die täglich veröffentlichten Todeszahlen des RKI als Grundlage für Verschärfungen der Corona-Maßnahmen zu nehmen – sie seien dafür schlichtweg zu alt.
Am 15. Januar meldete das Robert-Koch-Institut, dass 1113 neue Covid-19-Todesfälle übermittelt worden seien. Am unabhängigen Gesundheitsforschungsinstituts IGES in Berlin sollen Mediziner und Soziologe Bertram Häussler und sein Team jedoch nachverfolgt haben, dass am 14. Januar gerade einmal 20 der 1113 gemeldeten Personen verstorben seien. Jeder zweite Tote sei bereits vor dem 27. Dezember gestorben.Zahlen im Durchschnitt über drei Wochen altViele Menschen und vor allem Medien nutzen die Todeszahlen des RKI jedoch, um damit das Infektionsgeschehen der letzten 24 Stunden zu beschreiben, was faktisch jedoch falsch sei, so erklärt Häussler gegenüber der „Welt“. „Die Zahlen, die das RKI jeden Morgen veröffentlicht, sind im Durchschnitt über drei Wochen alt. Die reflektieren nicht den gestrigen Tag, wie es oft über die Medien kommuniziert wird, sondern die vergangenen Wochen“, so der Mediziner.
Zu dem Verzug käme es, weil viele Krankenhäuser nach einem Todesfall oft nicht, wie eigentlich gesetzlich vorgeschrieben, einen Meldebogen des RKI gemäß Infektionsschutzgesetz ausfüllen würden. Stattdessen werde nur eine Todesbescheinigung aufgefüllt, die über Umwege zu den Gesundheitsämtern gelange. Dort müsse man zudem erst einmal nachverfolgen, ob der Tote überhaupt an dem Virus verstarb.
Der aktuelle Lockdown zeigt Wirkung[...] Da die Zahlen nicht akkurat die aktuelle Infektionslage widerspiegeln könnten, sei es „unhaltbar“ sie als Entscheidungsgrundlage für weitere Verschärfungen der Corona-Maßnahmen zu nehmen.
Bertram Häussler sagt deutlich: „Uns droht ein Mega-Lockdown auf Basis unbrauchbarer Zahlen“. Man könne sehen, dass der bestehende Lockdown Wirkung zeige, da die Zahl der Intensivpatienten laufend seit dem 4. Januar sinke. Natürlich sei die neue Virus-Mutation eine „berechtigte Bedrohung“, so Häussler, aber er fordert dennoch: „Viel mehr sequenzieren und die Sterbezahlen pünktlich melden, anstatt auf Basis schwacher Daten den Mega-Lockdown auszurufen.“
Siehe dazu die Quelle:https://www.focus.de/gesundheit/coronav ... 86853.htmlKommentar
Todeszahlen hin oder her. Das muss zwar geprüft werden, aber die Neuinfektionszahlen müssen dringend deutlich runter, weshalb sich ein schärferer Lockdown dennoch nicht vermeiden lässt.
Außerdem ist anzumerken, dass die Zahl der Intensivpatienten zwar gesunken ist, aber noch nicht entscheidend und nur sehr langsam. Die lagen gestern noch bei 5003 (Quelle: RKI)
Völlig richtig ist allerdings, dass aufgrund der veränderten Bedrohungslage durch die festgestellten neuartigen Variationen des SARS-CoV-2-Virus viel mehr sequenziert werden muss. Die von Minister Spahn veranschlagten mindestens 5% aller Positivproben ist mir entschieden zu wenig.
Es sei darauf hingewiesen, dass auch bei den R-Werten eine Zeitverschiebung zu berücksichtigen ist, was in den Medien auch oft falsch dargestellt wird. Diese findet man in meinen Updates bei den R-Werten angegeben. Der "aktuelle" R-Wert gilt nicht für den Tag an dem er veröffentlicht wird, um das nochmal klarzustellen.
Anm.:
Sequenzieren bedeutet, dass bei den positiv getesteten Proben das Virus in seine Genombestandteile "zerlegt" und dessen Erbsubstanz somit aufgeschlüsselt wird, sodass man Veränderungen in Form von Mutationen erkennen kann.