Alice Schwarzers Steuerschuld oder: Der Spiegel will einen neuen FeminismusAlice Schwarzer hat Steuern hinterzogen. Damit ist sie in bester Gesellschaft. Sie hat sich selbst angezeigt und die Steuerschuld bereinigt, 200.000 Euro insgesamt, damit war die Sache vom Tisch. Denkste. Ein Informant bot die ganze Sache nun erst jetzt verschiedenen deutschen Redaktionen an. Einige von ihnen verzichteten auf die Veröffentlichung. Nicht der Spiegel. Nun kann man vermuten, hier ging es eben genau darum, dass bei jemandem, der so sehr im Licht der Öffentlichkeit steht, wie Alice Schwarzer, eben eine gute Story dahintersteckt, zumal gerade sie die moralische Messlatte zum Leidwesen vieler männlicher Journalisten besonders hochgesteckt hatte und insofern kann man nachvollziehen, dass der Spiegel nicht widerstehen konnte, die Sache als sensationelle Enthüllung ans Tageslicht zu bringen. Und natürlich waren Spott und Häme, die sich aus dem rechtskonservativen und antifeministischen Lager nun nicht nur über Alice Schwarzer, sondern gleich über die gesamte feministische Bewegung ergießen würden, abzusehen und bis zu einen gewissen Grad auch nachvollziehbar. Wer den Schaden hat und so weiter. So weit, so gut, so vorhersehbar. Doch tatsächlich offenbarte der Spiegel nur kurz darauf, um was es ihm bei der ganzen Sache tatsächlich ging: Alice Schwarzer und ihr lästiger Radikalfeminismus sollten endlich mundtot gemacht werden, es ist, so findet der Spiegel, Zeit, für einen neuen Feminismus in den Medien und deshalb hat auch der Spiegel, als altehrwürdige Moralinstanz, die er schon längst nicht mehr ist, das Recht, diesen mit jedem sich anbietendem Mitteln durchzusetzen, Äpfel mit Birnen zu verwechseln und dieses Vorgehen im Nachhinein auch noch mit seiner Selbstherrlichkeit als alterndes Leitmedium, das der Spiegel nun mal leider (noch!) ist, zu rechtfertigen.
Um die Verhältnismäßigkeit zu verdeutlichen: Alice Schwarzer hat bereits in Deutschland versteuertes Geld in der Schweiz auf ein Konto angelegt. Die dort angefallenen Zinsen hätte sie ebenfalls in Deutschland verzinsen müssen, hat sie aber nicht. 20 Jahre lang nicht. Dann hat sie sich im letzten Herbst selbst angezeigt und die Steuern für zehn Jahre, den nicht verjährten Zeitraum, nachgezahlt, über 200.000 Euro. Aus Sicht des deutschen Staates ist Frau Schwarzer damit unschuldig, die Sache bereinigt. Man kann über die Option der Selbstanzeige diskutieren, aber das ist weder die Schuld noch die Angelegenheit von Frau Schwarzer. Sie hat sich im Rahmen der geltenden Gesetze verhalten. Darüber hinaus hat sie eine persönliche Erklärung abgegeben, wie es dazu kommen konnte. In dieser Erklärung sieht sie sich selbst als Opfer einer Rufmordkampagne, die sie zeitlich auch in Zusammenhang mit ihrem Engagement für ein Verbot der Prostitution stellt.
Wäre der Spiegel ein so seriöses Blatt, wie er gerne vorgibt, so hätte er sein Ziel ja jetzt erreicht. Die Welt weiß: Alice Schwarzer hat Steuern hinterzogen. Sie ist, wie jeder von uns, ein Mensch mit moralisch ambivalenten Ansichten und Handlungen. Das ist nämlich das Problem mit der Moral. Sie funktioniert immer in beide Richtungen, wie es gerade passt. Aber lassen wir das.
Dem Spiegel ist die Hetze aber immer noch nicht genug. In Beitrag über Beitrag hört das Hauen und Stechen nicht auf, Frau Schwarzer kommt von der Startseite von SpiegelOnline mit mehreren Artikeln gar nicht mehr runter. So viel Aufmerksamkeit? Gibt es keine wichtigeren Themen? Deutschlands neue Kriegslust zum Beispiel?
http://diefreiheitsliebe.de/allgemein/s ... on_ref_mapein sehr guter Artikel