Und nochmal Daschner

Hier wird das Problem des zunehmend mangelhaften Schutzes der Bürger vor Gewalttaten und dessen verfassungsrechtliche Relevanz erörtert. (Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 GG)

Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon maxikatze » Mi 9. Aug 2017, 08:35

Magnus Gäfgen hat inzwischen seinen Geburtsnamen geändert. Natürlich weiß die Öffentlichkeit nicht, wie sein jetziger Name lautet. Ja nachvollziehbar, denn sein ursprünglicher Name ist verbrannt!!! Würde ich auch tun, wenn auf meiner Seele ein Schwerverbrechen lasten würde. Sicher kann man seinen Namen ändern.Das ändert trotzdem nichts an der Vergangenheit.
Denn jeder der diesen Namen hört, erinnert sich sofort an den 27. September 2002. Es war der Tag des Verschwindens und Ermordung des elfjährigen Jungen Jakob von Metzler aus Frankfurt/Main.
Jetzt möchte der damalige Jura-Student und Kindesmörder auf Bewährung entlassen werden.
Frage an Alex :) : Können die Eltern des Ermordeten Einspruch dagegen erheben?


https://www.tag24.de/nachrichten/frankf ... der-309747
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon Staber » Mi 9. Aug 2017, 13:42

Ich wäre absolut dagegen.
Dieser Mann hat aus Geldgier einen kleinen Jungen umgebracht. Anschließend bekommt er noch eine Entschädigungszahlung, weil ihm Folter (lediglich) angedroht wurde, aus Verzweiflung um das Kind zu retten.Nachdem seinerzeit auch noch die "besondere Schwere der Schuld" festgestellt wurde, ist es mir ein völliges Rätsel, dass über das Ansinnen dieses Mörders überhaupt ein Wort verloren wird.
Sicherungsverwahrung wäre wohl passender.
Frage meinerseits ,warum kann so jemand einfach seinen Namen ändern? Muss man dafür nicht schwerwiegende Gründe vorbringen?
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Aug 2017, 14:27

maxikatze hat geschrieben:Frage an Alex :) : Können die Eltern des Ermordeten Einspruch dagegen erheben?


https://www.tag24.de/nachrichten/frankf ... der-309747


Nein, das würde ja dem Resozialisierungszweck zuwiderlaufen. In ein paar Jahren dürfen nicht einmal mehr aktuelle Fotos von dem Herrn veröffentlicht werden:

https://de.wikipedia.org/wiki/Lebach-Urteil
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon maxikatze » Mi 9. Aug 2017, 14:45

Staber hat geschrieben:Ich wäre absolut dagegen.
Dieser Mann hat aus Geldgier einen kleinen Jungen umgebracht. Anschließend bekommt er noch eine Entschädigungszahlung, weil ihm Folter (lediglich) angedroht wurde, aus Verzweiflung um das Kind zu retten.Nachdem seinerzeit auch noch die "besondere Schwere der Schuld" festgestellt wurde, ist es mir ein völliges Rätsel, dass über das Ansinnen dieses Mörders überhaupt ein Wort verloren wird.
Sicherungsverwahrung wäre wohl passender.
Frage meinerseits ,warum kann so jemand einfach seinen Namen ändern? Muss man dafür nicht schwerwiegende Gründe vorbringen?

Ja, er glaubt, sein negatives Image damit beiseite räumen zu können.
Er beschäftige auch nach dem Urteil die Gerichte. Stilisierte sich zum Opfer, wollte Entschädigungszahlungen, zog bis nach Strassburg und beschwerte sich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen der angedrohten Folter bei einer Vernehmung. Er brachte mit Hilfe seines Anwalts ein Buch heraus ( Magnus Gäfgen: "Allein mit Gott. Der Weg zurück") und gründete eine Stiftung für jugendliche Opfer.
Inzwischen habe ich doch bei der "Bild" seinen jetzigen Namen gefunden:
Als Gäfgen würde er sein Leben lang mit dem grausamen Mord in Verbindung gebracht.
Deshalb ließ er sich in Thomas David Lukas Olsen umbenennen.
... Angeblich glaubt Gäfgen, ihm ähnlich zu sein.

http://www.bild.de/regional/frankfurt/m ... .bild.html
Gäfgen vergleicht sich tatsächlich mit dem dänischen Schriftsteller Jussi Adler Olsen...
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon maxikatze » Mi 9. Aug 2017, 15:07

AlexRE hat geschrieben:
maxikatze hat geschrieben:Frage an Alex :) : Können die Eltern des Ermordeten Einspruch dagegen erheben?


https://www.tag24.de/nachrichten/frankf ... der-309747


Nein, das würde ja dem Resozialisierungszweck zuwiderlaufen. In ein paar Jahren dürfen nicht einmal mehr aktuelle Fotos von dem Herrn veröffentlicht werden:

https://de.wikipedia.org/wiki/Lebach-Urteil


Wieder was gelernt. :)
Ich fragte deshalb, weil es in den USA dann etwas anders ist. Zumindest es wohl so, dass sich die Hinterbliebenen an die entsprechende Behörde wenden können und ihre Bedenken äussern um somit an der Entscheidungsfindung mitzuwirken.
Als Beispiel führe ich den Mord an John Lennon (1940 -1980) an. Yoko Ono hält Chapman weiterhin für gefährlich und lehnt in diesem Fall eine Bewährung ab. Schriftlich teilte sie das der Kommission für Haftentlassung mit und bat darum, Chapman nicht aus der Haft zu entlassen. Sie fühlt sich mit ihren Kindern sonst nicht mehr sicher. Inzwischen sind 9 angestrebte Bewährungsgesuche bisher gescheitert. Mark David Chapman sitzt immer noch - seit fast 37 Jahren.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mi 9. Aug 2017, 15:58

maxikatze hat geschrieben:
AlexRE hat geschrieben:
maxikatze hat geschrieben:Frage an Alex :) : Können die Eltern des Ermordeten Einspruch dagegen erheben?


https://www.tag24.de/nachrichten/frankf ... der-309747


Nein, das würde ja dem Resozialisierungszweck zuwiderlaufen. In ein paar Jahren dürfen nicht einmal mehr aktuelle Fotos von dem Herrn veröffentlicht werden:

https://de.wikipedia.org/wiki/Lebach-Urteil


Wieder was gelernt. :)
Ich fragte deshalb, weil es in den USA dann etwas anders ist. Zumindest es wohl so, dass sich die Hinterbliebenen an die entsprechende Behörde wenden können und ihre Bedenken äussern um somit an der Entscheidungsfindung mitzuwirken.
Als Beispiel führe ich den Mord an John Lennon (1940 -1980) an. Yoko Ono hält Chapman weiterhin für gefährlich und lehnt in diesem Fall eine Bewährung ab. Schriftlich teilte sie das der Kommission für Haftentlassung mit und bat darum, Chapman nicht aus der Haft zu entlassen. Sie fühlt sich mit ihren Kindern sonst nicht mehr sicher. Inzwischen sind 9 angestrebte Bewährungsgesuche bisher gescheitert. Mark David Chapman sitzt immer noch - seit fast 37 Jahren.


Das ist ein ganz anderes Rechtssystem. In Deutschland können Hinterbliebene nur bis zum rechtskräftigen Urteil als Nebenkläger auftreten, danach haben sie keine Einflussmöglichkeiten mehr.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » So 6. Aug 2023, 11:11

Im Jahre 2004 herrschte noch die durch das LG Frankfurt bestätigte öffentliche (bzw. veröffentlichte) Meinung in Deutschland vor, dass der damalige Vize - Polizeipräsident Wolfgang Daschner nicht berechtigt gewesen sei, zwecks Rettung eines Kindes aus höchster Lebensgefahr dem Entführer Folter anzudrohen.

Jetzt diskutieren wir also über die Verhältsmäßigkeit von Schmerzgriffen zur Wiederherstellung des Verkehrsflusses:

https://youtu.be/r5S23GH-yAI

Irgendwie entsteht da der Eindruck, dass es den Vorturnern in der deutschen Rechtswissenschaft etwas an Selbstreflexion mangelt.
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon maxikatze » Mo 7. Aug 2023, 07:26

AlexRE hat geschrieben:Im Jahre 2004 herrschte noch die durch das LG Frankfurt bestätigte öffentliche (bzw. veröffentlichte) Meinung in Deutschland vor, dass der damalige Vize - Polizeipräsident Wolfgang Daschner nicht berechtigt gewesen sei, zwecks Rettung eines Kindes aus höchster Lebensgefahr dem Entführer Folter anzudrohen.

Jetzt diskutieren wir also über die Verhältsmäßigkeit von Schmerzgriffen zur Wiederherstellung des Verkehrsflusses:

https://youtu.be/r5S23GH-yAI

Irgendwie entsteht da der Eindruck, dass es den Vorturnern in der deutschen Rechtswissenschaft etwas an Selbstreflexion mangelt.


Verstanden habe ich es bis heute nicht, warum es dem Mörder des 11-jährigen Jungen nicht zuzumuten war, ein Wahrheitsserum zu verabreichen, mit der Konsequenz, dass der Schutz des Kindes letztendlich nachrangig war.

http://grundgesetzaktiv.de/phpBB3/viewt ... 770#p29770

Zitat aus dem Buch "Um Leben und Tod":
>>Wenn alle anderen Maßnahmen erfolglos waren, blieb als Ultima Ratio nur noch die Androhung körperlicher Schmerzen.
Wolfgang Daschner war bewusst, dass er sich in einer juristischen Grauzone befand,aber es gab keine andere Lösung.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet alle staatliche Gewalt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen.
Wenn aber beides nicht möglich ist, nämlich die Würde des Täters zu achten und gleichzeitig die Würde des Opfers zu schützen, muss eine Entscheidung getroffen werden.
Im vorliegenden Fall ist das Recht des entführten Kindes auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit existenziell bedroht, während das Recht des Täters auf körperliche Unversehrtheit allenfalls partiell beeinträchtigt würde.....<<
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Re: Und nochmal Daschner

Beitragvon AlexRE » Mo 7. Aug 2023, 13:23

Jedenfalls steht im Artikel 1, dass die Würde des Menschen zu achten und zu schützen sei. Ein die Menschenwürde verletzendes Unterlassen hat demnach das gleiche Gewicht wie ein entsprechendes Handeln. Es müssten in solchen Situationen also Güterabwägungen getroffen werden, von denen in der Realität nichts zu sehen ist. Hauptsache kein Risiko für die eigene Karriere in Justiz oder Politik eingehen und sich auf keinen Fall die eigenen Finger schmutzig machen.
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