Das Beschneidungsurteil und seine weitreichenden Folgen

Hier können aktuelle Themen getrennt voneinander auf gesonderten threads erörtert werden.

Das Beschneidungsurteil und seine weitreichenden Folgen

Beitragvon Excubitor » Sa 30. Jun 2012, 18:35

Dieses wichtige Thema gehört hierher, da es im Bereich "Aktuelles" viel zu schnell untergeht...

http://www.stern.de/panorama/koelner-la ... 48318.html

Kommentar
Oft habe ich die deutsche Rechtsprechung, zu Recht wie ich meine, kritisiert, doch diesmal gebührt kleinen Teilen davon Anerkennung.
Ein großes Lob den Richtern der Kammer des Kölner Landgerichts die den Mut hatten eine solche Entscheidung zu treffen und eine trotz zu erwartender Widerstände religiöser Verbände nach hier vertretener Ansicht absolut korrekte Anwendung der geltenden Werteordnung vorzunehmen. Schon viel zu oft sind deutsche Richter oder Politiker insbesondere vor Muslimen eingeknickt und haben die eigene Rechtsordnung zugunsten derer, die sich grds. an hiesige Vorschriften und Wertungen zu halten haben, aufgeweicht.
Glücklicherweise ist dieses hervorragende Urteil rechtskräftig. Wo kämen wir hin, wenn jetzt auch schon Grundwerte der Verfassung von religiösen Verbänden aus den Angeln gehoben werden könnten. Die Grundrechte des Einzelnen auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit dürfen auf gar keinen Fall geringer eingeordnet werden als das Recht auf Freiheit der Religionsausübung. Wer meint das zur Ausübung seiner Religion archaische Verhaltensweisen gehören, die dem Grundverständnis einer realen, modernen Werteordnung widersprechen, muss diese eben woanders ausüben, kann aber auf gar keinen Fall darauf pochen einen der absoluten, notwendigen Grundwerte einer zivilisierten Gesellschaft auszuhebeln.
Zwar wurde das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht explizit angesprochen, ist inzidenter jedoch nicht von der getroffenen Entscheidung zu trennen sondern in der Frage der Selbstbestimmung enthalten.

Bei einer Fortsetzung der bisherigen Entwicklungen wären wir auf dem besten Wege zu einer "inversen Integration oder in letzter Konsequenz sogar inversen Assimilation". Die vorhandene Rechtsordnung wird immer weiter aufgeweicht, die Rechte zugunsten der "Gäste" immer weiter ausgedehnt, bis sich die angestammte Bevölkerung inklusive der sachlich unproblematisch integrierten Teile anderer Nationalitäten letztlich den Vorgaben der von außen Kommenden völlig angepasst hätte. Ein verständiges Zusammenleben mit Menschen anderer Nationalitäten, Kulturen und Anschauungen ist unausweichlich und notwendig, doch darf das niemals so weit führen, dass diejenigen, welche vergessen zu haben scheinen, dass sie in fremden Ländern, wie wir genauso woanders, zunächst einmal nur geduldet sind, der angestammten Bevölkerung ihren Willen und ihre Werte aufzwingen, sei es durch Wertevorstellungen oder religiöse Anschauungen, insbesondere dann, wenn diese grundsätzlichen Werten wie denen auf Leben und körperliche Unversehrtheit zuwider laufen.
Es ist eine Schande für deutsche Politiker, dieses Urteil anzugreifen, da dieses Verhalten doch dokumentiert, wie wenig diese anscheinend grundsätzliche Werte verstanden zu haben scheinen.

Gleiches muss übrigens auch für die religiöse Beschneidung von Mädchen, bekannt aus afrikanischen Kulturkreisen gelten.
Zuletzt geändert von Excubitor am Fr 6. Jul 2012, 16:32, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Das Beschneidungsurteil

Beitragvon AlexRE » Sa 30. Jun 2012, 19:17

Excubitor hat geschrieben:Glücklicherweise ist dieses hervorragende Urteil rechtskräftig. Wo kämen wir hin, wenn jetzt auch schon Grundwerte der Verfassung von religiösen Verbänden aus den Angeln gehoben werden könnten.


Das heißt nur, dass der in diesem konkreten Fall betroffene Mediziner sich nicht für einen Prozess - Marathon bis nach Karlsruhe oder Straßburg zur Verfügung stellen wollte. Dafür wird sich aber ganz sicher ein anderer Mediziner finden lassen. Die Religiösen werden das letzte Wort nicht einem Landgericht überlassen.

Abgesehen davon wird es jetzt erst einmal zu einer Phimose - Epedemie in Deutschland und zu einem Beschneidungs - Tourismus ins Ausland kommen.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Das Beschneidungsurteil

Beitragvon Staber » Sa 30. Jun 2012, 19:31

Ja, auch ich befürworte das Urteil. Füge aber einen Wermutstropfen hinzu.
Mit diesem Urteil fördert man doch lediglich wieder die Hausbeschneidungen, welche zum einen höchst illegal sind und zum anderen, Infektionen, Krankheit, vielleicht sogar den Tod bringen! Und: Körperverletzung! Das nur nebenbei bemerkt!

"Das Urteil konstruiert eine Schutzpflicht des Staates gegenüber einer Elternentscheidung, die für jüdische Eltern eine biblisch begründete Elternpflicht ist und für muslimische Eltern in einer verpflichtenden religiösen Tradition gründet",
Zitat Kardinal Meißner laut Mitteilung vom Freitag.

Der Herr Kardinal... und die seinen mögen bitte einmal erklären, welche Vorstellung sie von Erziehung haben, wenn sie das Urteil als einen Eingriff in das "religiöse Erziehungsrecht" der Eltern wahrnehmen.
Dieses Recht, auf dass er sich mit seinen Äußerungen bezieht, schützt ausdrücklich nur das Recht der Eltern, erzieherisch in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht auf ihre Kinder einzuwirken. Dies deckt jedoch eindeutig nicht Verstöße gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Schlimm genug dass es solange brauchte, bis ein deutsches Gericht die Abwägung dieser beiden Rechtsgüter eindeutig zu Gunsten der körpelichen Unversehrtheit klargestellt hat.Für mich viel zu lange.

Nachtigall , ick hör dir tapsen...
Es muss klar sein, dass Deutschland ein weltoffenes und tolerantes Land ist, in dem die Religionsfreiheit fest verankert ist und in dem religiöse Traditionen wie die Beschneidung als Ausdruck religiöser Vielfalt geschützt sind"
Zitat Westerwelle "Bild"-Zeitung

Ich wundere mich , daß öffentlich erklärte Homosexuelle für die Religionsfreiheit bei der Ausübung von Genitalverstümmelungen plädieren, aber nicht über die Haltung der betroffenen Religionen zum Thema "Homosexualität" reflektieren (wollen? können?)...
Wenn man Judentum und Islam die Kinderverstümmelung genehmigt, dann bitte auch die in diesen Religionen gängigen Verhalten gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Homosexuellen, Straftätern, ...

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Re: Das Beschneidungsurteil

Beitragvon Excubitor » So 1. Jul 2012, 15:39

Staber hat geschrieben:Ja, auch ich befürworte das Urteil. Füge aber einen Wermutstropfen hinzu.
Mit diesem Urteil fördert man doch lediglich wieder die Hausbeschneidungen, welche zum einen höchst illegal sind und zum anderen, Infektionen, Krankheit, vielleicht sogar den Tod bringen! Und: Körperverletzung! Das nur nebenbei bemerkt!

"Das Urteil konstruiert eine Schutzpflicht des Staates gegenüber einer Elternentscheidung, die für jüdische Eltern eine biblisch begründete Elternpflicht ist und für muslimische Eltern in einer verpflichtenden religiösen Tradition gründet",
Zitat Kardinal Meißner laut Mitteilung vom Freitag.

Der Herr Kardinal... und die seinen mögen bitte einmal erklären, welche Vorstellung sie von Erziehung haben, wenn sie das Urteil als einen Eingriff in das "religiöse Erziehungsrecht" der Eltern wahrnehmen.
Dieses Recht, auf dass er sich mit seinen Äußerungen bezieht, schützt ausdrücklich nur das Recht der Eltern, erzieherisch in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht auf ihre Kinder einzuwirken. Dies deckt jedoch eindeutig nicht Verstöße gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Schlimm genug dass es solange brauchte, bis ein deutsches Gericht die Abwägung dieser beiden Rechtsgüter eindeutig zu Gunsten der körpelichen Unversehrtheit klargestellt hat.Für mich viel zu lange.

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Es muss klar sein, dass Deutschland ein weltoffenes und tolerantes Land ist, in dem die Religionsfreiheit fest verankert ist und in dem religiöse Traditionen wie die Beschneidung als Ausdruck religiöser Vielfalt geschützt sind"
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Ich wundere mich , daß öffentlich erklärte Homosexuelle für die Religionsfreiheit bei der Ausübung von Genitalverstümmelungen plädieren, aber nicht über die Haltung der betroffenen Religionen zum Thema "Homosexualität" reflektieren (wollen? können?)...
Wenn man Judentum und Islam die Kinderverstümmelung genehmigt, dann bitte auch die in diesen Religionen gängigen Verhalten gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Homosexuellen, Straftätern, ...

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Sehr gute Beispiele Staber, danke.

Hier zeigen sich die Beweise für eine völlig falsch verstandene, angebliche "Toleranz", die letztlich über die Grenzen einer solchen deutlich hinausgeht. Was Viele anscheinend nicht einsehen wollen ist das Faktum, dass auch echte Toleranz Grenzen hat, bzw.haben muss. Wer versucht unter dem Deckmäntelchen der Toleranz abolute Werte wie Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit zugunsten derer auszuhebeln oder aufzuweichen, die sich einfach nicht an die hiesigen Gesetze und Regeln halten wollen oder an archaischen Verhaltensweisen festklammern und nicht zu einer Fortentwicklung bereit und/oder in der Lage sind, muss sich fragen lassen, ob er überhaupt im Einklang mit der hier geltenden Rechtsordnung lebt.
Die mehr als peinliche Äußerung des Herrn Außenminister legt insoweit die Forderung nach einem Rücktritt nahe...
Noch einmal für diejenigen, die etwas langsamer zu verstehen scheinen: Ein Recht auf freie Selbstbestimmung, insbesondere über die eigene körperliche Unversehrtheit, muss unzweifelhaft einem Recht auf freie Ausübung der Religion vorgehen, da man unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit sonst nach Lust und Laune existenzielle Grundwerte wie Leben und körperliche Unversehrtheit ungestraft verletzen könnte, wodurch insbesondere diejenigen, die sich selbst noch nicht schützen können, wie Kinder, den angeblich toleranten, selbsternannten religiösen "Heilsbringern" hilflos ausgeliefert wären, was sie in anderen Ländern zweifellos sind.

Im Übrigen: Wie sieht es mit der Toleranz derjenigen aus, die ständig darauf pochen? Gerade diejenigen sind es, die sich anderen gegenüber eher wenig oder sogar gar nicht tolerant erweisen, sondern immer anderen ihren eigenen Willen oder ihre Wertevorstellungen aufzwingen wollen, obwohl sie hier genau genommen gar nichts zu fordern haben. Insbesondere darin zeigen religiöse Vereinigungen unterschiedlichster couleur ihr wahres Gesicht...

Ob es nun um den bereits rechtlich zugunsten muslimischer Zuwanderer aufgeweichten Tierschutz geht oder um Nötigungsversuche auf einem internationalen Fest kein Schweinefleich in Form von Bratwurst verkaufen zu lassen: Trotzdem es sich dabei um eine andere Werteebene handelt, läuft doch letztlich alles auf Dasselbe hinaus. Siehe Eingangsbeitrag...
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Re: Das Beschneidungsurteil

Beitragvon AlexRE » Di 3. Jul 2012, 14:38

In der Beschneidungsfrage ist A. Schwarzer auf einmal genderkritisch:

02.07.2012
Soll die Beschneidung verboten werden?

Das Kölner Landgericht sprach vor zwei Monaten in zweiter Instanz ein Urteil, das seither international kontrovers diskutiert wird: Das Gericht sprach den Arzt, der von der Kölner Universitätsklinik angezeigt worden war, zwar frei, verurteilte jedoch grundsätzlich die Beschneidung Unmündiger auf Wunsch der Eltern. Der Arzt habe sich in einem „Verbotsirrtum“ befunden, also nicht gewusst, dass er Verbotenes tut. Für die Zukunft jedoch soll in Deutschland klar sein: Die Beschneidung von Kindern ist Unrecht. Denn Kindeswohl gehe vor Elternrecht und Religionsfreiheit. Das Urteil wurde weltweit kritisiert, doch Organisationen wie die Deutsche Kinderhilfe, der Internationale Bund der Atheisten und Terre des Femmes begrüßten es. Und die Feministinnen? Auch ich meine, dass Kindeswohl vor Religionsfreiheit geht und das Elternrecht hierzulande oft eher zu unbeschränkt als zu beschränkt ist. Dennoch finde ich das Kölner Urteil falsch. Warum?

Etwa jeder dritte männliche Mensch weltweit ist beschnitten. Und das nicht nur aus religiösen oder kulturellen Gründen, sondern auch aus hygienischen. Bereits 2007 rieten sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die UN dringend zur Beschneidung von Männern: als Prävention gegen Aids, Peniskrebs und Gebärmutterhalskrebs. Denn letzterer wird verursacht von einem verunreinigten männlichen Penis.

Schon vor Jahrzehnten haben Studien belegt, dass Frauen von beschnittenen Männern bedeutend seltener an Gebärmutterhalskrebs erkranken. Und die WHO erhofft sich allein im südlichen Afrika innerhalb von 20 Jahren rund drei Millionen weniger Aidstote dank der Zirkumzision, wie die männliche Beschneidung heißt. Wie also konnte es zu so einem Urteil kommen?

Ich bin überzeugt, dass die eigentliche Ursache der geschlechternivellierende Kulturrelativismus ist. Denn vor gar nicht allzu langer Zeit – in den 1970er bis 1990er Jahren – wurde die lebensgefährliche und Lust-zerstörende Genitalverstümmelung von Mädchen ebenfalls noch als „Beschneidung“ bezeichnet. Und als die feministische Kritik an dieser verbrecherischen Praxis dann endlich ernst genommen - und nicht länger als „eurozentristisches Missverständnis weißer, privilegierter Frauenrechtlerinnen“ verspottet - wurde, da meldeten sich sogleich „Männerrechtler“, die erklärten: Männer würden schließlich auch beschnitten, das müsse also ebenso bekämpft werden. Was eine unerhörte Verharmlosung der Klitorisverstümmelung und eine Verschleierung der Beschneidungspraxis für Jungen ist.

Worum geht es genau bei diesem Eingriff? Die Vorhaut der Eichel wird teilweise oder ganz gekappt. Gesundheitsorganisationen wie die WHO begrüßen das, weil sie unter dieser Vorhaut leicht Schmutz und Viren sammeln, die bei Männern wie Frauen (beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr) zu Krankheit führen können.

Diese MedizinerInnen und GesundheitspolitikerInnen sind für die Beschneidung, ganz und gar unabhängig von religiösen oder kulturellen Einstellungen. Es handelt sich außerdem um einen sehr kleinen Eingriff, der innerhalb einer Viertelstunde durchgeführt ist und innerhalb weniger Tage verheilt. Bei Männern mit Phimose, einer Verengung der Vorhaut, ist der Eingriff sogar zwingend, weil Voraussetzung für eine schmerzfreie Ejakulation.

Die Verurteilung der männlichen Beschneidung halte ich für eine realitätsferne politische Correctness. Auch ich bin, wie Terre des Femmes, der Auffassung, dass religiöse Argumente kein Grund sein dürfen für die Verletzung der körperlichen Unversehrtheit eines Kindes. Und die Beschneidung ist zweifellos eine solche Verletzung. Aber: Sie ist eine sehr, sehr geringe – und es sprechen für mich vor allem hygienische Gründe dafür, unabhängig von Religion und Kultur.

Es ist also wirklich befremdlich, dass die Kölner Universitätsklinik Anlass sah zur Anzeige des Arztes, der den Eingriff medizinisch korrekt durchgeführt hatte. Und es ist noch bizarrer, dass das Kölner Landgericht dieses Urteil gesprochen hat. Doch jetzt ist sie da: die Rechtsunsicherheit.

Das Jüdische Krankenhaus in Berlin hat bereits erklärt, es werde bis zur Klärung keine Beschneidung von kleinen Jungen mehr durchführen – wie sie im Judentum für Gläubige bis zum achten Lebenstag vorgeschrieben ist. Der Koran schreibt die Beschneidung zwar nicht vor, aber sie ist bei Muslimen zwischen dem dritten und achten Lebensjahr üblich. In dem Fall in Köln handelte es sich übrigens um einen vierjährigen Jungen muslimischer Eltern.

Krankenhäuser bekommen viel zu sehen, auch die Folgen seelischer und körperlicher Gewalt gegen Kinder und Frauen. Aber sie zeigen sehr selten an. Und auch Gerichte haben oft zu entscheiden, auch über die Folgen seelischer und körperlicher Gewalt gegen Kinder und Frauen. Aber sie sprechen sehr selten klare oder gar strenge Urteile. Warum also dieses so ganz und gar realitätsferne und überflüssige Urteil zur Beschneidung von Jungen?

Alice Schwarzer
http://www.aliceschwarzer.de/publikationen/blog/


http://www.klabautermaenneken.de/t2385f ... l#msg23628
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Re: Das Beschneidungsurteil

Beitragvon Staber » Di 3. Jul 2012, 15:32

Worum geht es genau bei diesem Eingriff? Die Vorhaut der Eichel wird teilweise oder ganz gekappt. Gesundheitsorganisationen wie die WHO begrüßen das, weil sie unter dieser Vorhaut leicht Schmutz und Viren sammeln, die bei Männern wie Frauen (beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr) zu Krankheit führen können.



Ei.. Frau Schwarzer hat noch vor wenigen Tagen beklagt , dass Freuds Theorie der polymorphen ( verschiedenartig) Sexualität dem reaktionären Modebiologismus weichen musste und jetzt verteidigt sie die Beschneidung von Jungen. Dabei hat Freud noch andere kluge Dinge geschrieben - beispielsweise über entsprechende Vorhautbeschneidung. Sie sollte doch mal nachlesen , es lohnt sich! Diese reaktionäre Körperpolitik, die zumindest Mitschuld daran hat, dass so viele Männer eine unreife, neurotische und für alle Beteiligten ungesunde Sexualität entwickeln, brauchen wir nun wirklich nicht. (Im Übrigen sollte Fr. Schwarzer auch nicht alles glauben, was die WHO so von sich gibt. Es wurde schon genügend seriöse Kritik an ihr geübt, die eine gewisse Vorsicht nahelegt.)

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Medizinische Notwendigkeit versus religiöse Anschauung

Beitragvon Excubitor » Di 3. Jul 2012, 16:27

Es ist etwas völlig anderes, ob eine eine medizinische Indikation eine Vorhautentfernung nahelegt oder ob das aus rein religiösen Gründen erfolgt, was medizinisch völlig ohne Grund stattfinden könnte.
Auch die rein präventive Entfernung, wie die Vertreter der WHO das gerne hätten, wenn ich das in Alex' Beitrag richtig verstanden habe, muss nicht generell richtig sein. Mir persönlich reicht ein kaum quantifizierbares, abstraktes Gesundheitsrisiko nicht aus um die generelle Erlaubnis zu einer derartigen Körperverletzung zu geben.
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Kein Wert der körperlichen Unversehrtheit mehr?

Beitragvon Excubitor » Di 3. Jul 2012, 16:41

Wie wenig mittlerweile die körperliche Unversehrtheit, eines der höchsten Rechtsgüter des Grundgesetzes, in Deutschland noch wert ist, hat gestern Abend ein anschaulicher Filmbeitrag mit dem Titel "30 Minuten Deutschland" auf RTL um 23.30 Uhr gezeigt:

Versuchter Totschlag, der von Richtern und Staatsanwälten nicht erkannt, sondern die Tat mit einer Bewährungsstrafe, also faktisch keiner Strafe "belohnt" wurde, von Kamfpkunstexperten aber eindeutig als solcher qualifiziert wurde (brutalster Fausschlag ins Gesicht, gezielt und vorher vom Täter sogar geprobt, wie ein Internet-Video belegt), ein Staatsanwalt der bei einer schweren Körperverletzung (ein Mann wurde von mind. einem jugendlichen Täter durch die Glasscheibe eines Wartehäuschens geprügelt) nicht einmal ein Verfahren eingeleitet hat, da er aus angeblicher Arbeitsüberlastung die Akte nicht richtig gelesen haben soll, was dem Strafverteidiger Burkhardt Benecken zufolge kein Einzelfall sein soll und mehr...

Unfassbare Vorkommnisse, die belegen, dass wir so weit von einem echten Rechtsstaat entfernt sind wie noch nie zuvor. Das gesamte Wertegefüge scheint mittlerweile in Mitleidenschaft gezogen zu sein.
Auf derartige Juristen können wir in einem Rechtsstaat gut verzichten. Ich behaupte, dass aktuell weite Teile des Gesamtsystems, insbesondere im Strafrecht zwingend und dringend auf den Prüfstand gehören.
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Entlarvung - Religiöse Betrachtung - Rechtlicher Ausweg

Beitragvon Excubitor » Do 5. Jul 2012, 15:53

Wie die ganze Sache bislang gezeigt hat haben sich sowohl Vertreter der jüdischen, wie auch der muslimischen Glaubensrichtung selbst entlarvt, in dem sie das Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem auf Selbstbestimmung von einer religiösen, also faktisch grundlosen, Beschneidung betroffenen Kinder ihrer religiösen Willkür unterordnen und das Recht auf freie Religionsausübung dem faktisch wesentlich höherrangigen Recht auf körperliche Unversehrtheit nachordnen. Nach den Presseverlautbarungen der letzten Tage hat man hier anscheinend offensichtlich keinen Respekt vor der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen.
Darüber hinaus könnte man es durchaus als eine Frechheit, wenn nicht schon bodenlose Unverschämtheit werten, wie Religionsvertreter in einem angeblich säkularisierten Staat (in welchem Kirche und Staat voneineander gerennt sind) in Rechtsfragen hineinreden wollen, noch dazu im wesentlichen Religionsvertreter, die hier nicht einmal die überwiegende "Staatsreligion" vertreten, sondern auch in dem Punkt eine Minderheitenrolle einnehmen.


Betrachten wir das Ganze aus religiöser Sicht, so wird es für die Kritisierten nicht besser, sondern noch unangenehmer:
Nach religiösen Schriften handelt es sich beim Menschen um das vollendete, und vor allem vollkommene Werk Gottes. Wie vermessen und arrogant müssen daher anscheinend die angeführten, angeblichen Religionsvertreter sein, die sich anmaßen dieses Werk noch durch ihre eigene Willkür verbessern zu können?


Rein rechtlich wird wohl das Bundesverfassungsgericht für Rechtssicherheit sorgen müssen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die damit dann befassten Richter nicht, wie anscheinend schon andere sowie Politiker zuvor, von den Vertretern dieser religiösen Verbände zu einer unhaltbaren Ansicht nötigen lassen und damit die Reste des Wertegefüges dieses Landes vollends auflösen. Faktisch kann man nicht die Freiheit der Religionsausübung einem derart existenziellen Recht, wie der körperlichen Unversehrheit und der dazu notwendigen Selbstbestimmung überordnen. Dann könnten wir uns von den Grundwerten des Grundgesetzes endgültig verabschieden.

Die einzige Möglichkeit diesem Dilemma noch zu entkommen könnte darin bestehen, den Betroffenen mit Erreichen des 18. Lebensjahres die eigenverantwortliche Entscheidung darüber zu überlassen, ob sie sich beschneiden lassen wollen oder nicht und der grundsätzlichen Wertung der Landgerichtskammer aus Köln bestand zu geben.
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Re: Entlarvung der Vertreter religiöser Verbände

Beitragvon Staber » Do 5. Jul 2012, 16:05

Excubitor hat geschrieben:Die einzige Möglichkeit diesem Dilemma noch zu entkommen könnte darin bestehen, den Betroffenen mit Erreichen des 18. Lebensjahres die eigenverantwortliche Entscheidung darüber zu überlassen, ob sie sich beschneiden lassen wollen oder nicht



Nochmals: Es geht hier um Leute die sich nicht wehren können, nicht um solche, die sich selbst entschließen ihren Körper zu verändern, in dem sie was wegschneiden lassen, oder sich etwas implantieren lassen oder Nasenringe sich durchziehen lassen
Diese kleinen Menschen werden gar nicht gefragt, und nun zum Hygieneargument... nun es gibt Befürworter, es gibt Gegner. Die Befürworter argumentieren unter anderem mit dem erhöhten Risiko von Gebärmutterhalskrebs für Sexualpartnerinnen von Unbeschnittenen. Auch dieses Argument zieht nicht, da bei der religiösen Beschneidung, die Betreffenden nicht geschlechtsreif sind, und daher auch kein erhöhtes Risiko darstellen.

Potenzverlustangst?! Das ist mir zu albern um darauf einzugehen... aber man kann ja mal unbeschnittene Jugendliche fragen , ob sie sich was wegschneiden lassen wollen.. ;)

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