Flughafen BER und kein Ende

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Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon maxikatze » Di 6. Nov 2012, 15:41

Berlin (dpa) - Die Fluggesellschaft Air Berlin klagt nach der geplatzten Eröffnung des Hauptstadt-Airports gegen die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg. "Wir haben entschieden, unseren Anspruch auf Schadensersatz auf dem Rechtsweg geltend zu machen", erklärte Airline-Chef Hartmut Mehdorn am Dienstag.


http://web.de/magazine/reise/deutschlan ... chaft.html


Wer in der Spätphase des Projekts auf zahlreiche Änderungswünsche besteht und das zum grossen Teil bei fast fertiggestellten Bauabschnitten, kann sich nicht im nachhinein darüber beschweren, dass der Termin nicht eingehalten werden konnte.
Stellt euch das mal so vor:
Ein Bauabschnitt ist so gut wie fertig, und dann überlegen es sich Auftraggeber anders und es muss alles wieder eingerissen und neu gebaut werden. Obwohl die komplizierten technischen Gegebenheiten auch schon fast fertiggestellt waren.
Und dafür gibt es viele Beispiele, dass das so abgelaufen ist. Auch der Aufsichtsrat spielte dabei eine ganz unrühmliche Rolle.
Die Verantwortlichen suchen mMn jetzt nur einen Sündenbock.
Für mich gehören sie angesichts dessen, dass der ursprüngliche Bauplan nicht eingehalten wurde und Unsummen von Steuergeldern verschwendet wurden, deshalb hinter Schloss und Riegel.
"Die größte Errungenschaft unserer freiheitlichen Kultur ist die Überwindung von Denkverboten." (Vince Ebert)
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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon Staber » Di 6. Nov 2012, 18:58

Im Grunde müsste jeder klagen der von der Verzögerung betroffen ist, aber Aussicht auf Erfolg hätten diese klagen wohl nicht. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, und den Politikern, sowie den Wirtschaftsversagern wird immer etwas einfallen, wem die Schuld in die Schuhe geschoben werden kann. Nur nicht ihnen selber. Hoffentlich erleben alle Verantwortlichen in ihrem Leben etwas vergleichbares, worin sie den Nachteil haben, um mal am eigenem Leib zu spüren was Unvermögen bedeutet.
Bei der Zunahme der Dummheit und Unfähigkeit in Deutschland stehen die Chancen recht gut.

gruß staber
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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon Arbeitslos » Do 8. Nov 2012, 08:45

Eine klassische Fehlplanung durch Selbstüberschätzung, und ebenso klassisch: Folgenfrei für die Verursacher.
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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon maxikatze » Fr 23. Nov 2012, 16:59

Fragt man den regierenden Bürgermeister, wer die Verantwortung an den Pleiten, Pech und Pannen am Projekt Fluchhafen BER hat, bekommt zu hören, dass alle anderen, aber er keine Schuld am desaströsen Chaos haben.
War es nicht er, der dieses "Prestigeobjekt" letztendlich durchgesetzt hat, trotz zu geringer Beteiligung an der Volksabstimmung?
Er, der seit 2001 als Aufsichtsratschef fungiert, kann nicht seine Verantwortung auf andere abschieben.


http://www.faz.net/aktuell/politik/inla ... 13262.html

„Er hatte verschärfte Aufklärungspflichten.“ Um sich kundig zu machen, braucht ein Aufsichtsrat Fachleute. Die aber gab es beim Flughafen nicht. „Der Aufsichtsrat war komplett politisch besetzt“, sagt der Handwerkskammerpräsident Stephan Schwarz.
... Seit der technische Leiter Körtgen rausgeschmissen wurde, schieben alle die Schuld auf Geschäftsführer Schwarz. Unverhohlen heißt es, er sei nur noch auf seinem Posten, weil man ja nicht alle gleichzeitig feuern könne. Vor allem aber wird Schwarz als Sündenbock gebraucht, um die Kritik von Wowereit abzulenken ...



Fazit: Wenn Politiker ihre Hände bei Grossprojekten im Spiel haben, läuft`s meistens schief.
Siehe Stuttgart 21 oder die Kölner U-Bahn. Absichtlich werden Kosten viel zu niedrig angesetzt. Denn damit macht man den Bürgern das Projekt schmackhaft. Wenn sich mitten in den Arbeiten herausstellt, dass es teurer als geplant wird, ist erfahrungsgemäss nicht damit zu rechnen, dass mit dem Bau aufgehört wird, sondern es wird Steuergeld nachgeschoben. Keiner der Verantwortlichen schert sich dabei um die ausufernden Kosten. Es sind ja nicht ihre.

Im Fall BER hätte der Aufsichtsrat entlassen werden müssen!
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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon AlexRE » Fr 23. Nov 2012, 17:06

Absichtlich werden Kosten viel zu niedrig angesetzt. Denn damit macht man den Bürgern das Projekt schmackhaft.


Und da das bei ausnahmslos allen Großprojekten so läuft, handelt es sich bei dem System um institutionalisierte Sabotage am Demokratieprinzip.

Frau Merkel und die Staatsrechtler des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages haben ja schon festgestellt, dass wir keinen ewigen Rechtsanspruch auf Demokratie haben. Das trifft auf Völker, die sich alles gefallen lassen, wohl auch zu.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon Uel » Mo 26. Nov 2012, 16:13

Wer in der Spätphase des Projekts auf zahlreiche Änderungswünsche besteht und das zum grossen Teil bei fast fertiggestellten Bauabschnitten, kann sich nicht im nachhinein darüber beschweren, dass der Termin nicht eingehalten werden konnte.
Stellt euch das mal so vor:
Ein Bauabschnitt ist so gut wie fertig, und dann überlegen es sich Auftraggeber anders und es muss alles wieder eingerissen und neu gebaut werden. Obwohl die komplizierten technischen Gegebenheiten auch schon fast fertiggestellt waren.
Und dafür gibt es viele Beispiele, dass das so abgelaufen ist. Auch der Aufsichtsrat spielte dabei eine ganz unrühmliche Rolle.
Die Verantwortlichen suchen mMn jetzt nur einen Sündenbock.
Für mich gehören sie angesichts dessen, dass der ursprüngliche Bauplan nicht eingehalten wurde und Unsummen von Steuergeldern verschwendet wurden, deshalb hinter Schloss und Riegel.


Hallo Maxi,

da ist das Wesentliche von komplizierten Bauvorhaben erfasst, Respekt Maxi.
Denn üblicher Weise wird in Baudingen viel Unsinn von Laien erzählt, denn jeder hat eigene oder kennt jemanden, mit Erfahrungen auf Baustellen und bildet sich dann ein, er könne das komplexe Geschehen auf techniklastigen Großbaustellen abschätzen. Denn da haben selbst Bauerfahrene so ihre Schwierigkeiten. Bei so banalen Dingen wie Autofahren ist jedem Polo-Fahrer klar, dass er nicht einfach in Vettels Rennauto steigen kann und die nächste Saison dann für sich als Newcomer entscheiden könnte. Aber beim Bauen scheinen die Menschen sich ähnlich den nestbauenden Vögeln ein Bau-Gen einzubilden, welches jeden zum Experten macht.

Es ist richtig erkannt, dass Änderungswünsche nach Erstellung der Ausführungsplanung und Auftragsvergabe an die Bauunternehmer das Teuerste ist, was ein Bauherr sich genehmigen kann. Denn wenn das Ganze bis dahin sehr wirtschaftlich geplant wurde (mit geringen Gewinnspannen der Beteiligten) ist es jetzt spätestens das Signal an alle Beteiligten, sich mit Nachträgen, Verzugsmeldungen und Bedenkenanmelden den vorher wegverhandelten großzügigen Schluck aus der Pulle doch noch zu holen.

Mit "Schloss & Riegel" wird man dem Ganzen aber nicht gerecht: Denn bei diesem Riesending werden zig Leutchen involviert sein, die Fehlentscheidungen (Nichtentscheidungen sind im Gegensatz zur Politik auch immer Fehlentscheidungen, da die dann später doch notwendige Entscheidung in der Regel teurer wird) zu verantworten haben. Es wird nicht einfach sein für Juristen, den Sachverhalt in seiner gesamten Komplexität überhaupt richtig zu erfassen, geschweige dann angemessen zu urteilen.

Für mich riecht das Ganze nach schierem Angstschweiss. Gut zu sehen bei Wowereits unsicheren, verlegenen Gesten in der Öffentlichkeit.

Meine Deutung: eine Wirtschaftlichkeitsprognose hat festgestellt, dass die Geschäfts-, Gatronomie und Ladenbelegung, offenbar ein wirtschaftliches Fundament des Flughafens, so nicht dauerhaft wirtschftlich funktionieren würde: der Horror für jeden Bauherrn, auch den öffentlichen (siehe Beck am Nürburgring). Nur ein so wesentlicher Grund kann meines Erachtens diese gigantische Umplanung und Umsortierung der Funktionen rechtfertigen. Ab jetzt sind alle Gejagte von Terminproblemen, Sachzwängen, Mißverständnissen, Meinungsverschiedenheiten und Konfrontationen. Teile der Planung müssen durch Improvisation ersetzt werden, Stress und (unbezahlte) Überstunden nehmen zu, ect.

Jetzt aber Planungsbüros zu wechseln, weil man mit ihnen nicht mehr "klarkommt", weil man sich z. B. angeschieen hat, ist der größte Fehler, den ein Bauherr bei so riesigen terningebundenen Projekten machen kann: Die neuen Planer müssen sich erst einarbeiten, wofür die Alten durch hereinwachsen ins Projekt Jahre Zeit hatten, dann bleibt auch nur ein Baustop übrig, für fast alle Unternehmen auf der Baustelle (mit dem Risiko der Insolvenz für die Schwächeren von ihnen). Wie schnell blicken die Neuen durch, wie gut läuft ihre Dedektivarbeit (warum in Gottes Namen haben die das so geplant und nicht wie wir das sonst machen ...), wieviel Risiko sind die bereit zu übernehmen (der ursprünglich Planende ist immer darauf aus, seine Fehler noch zu finden und kostengünstig zu beseitigen, der Planungsübernehmende ist erpicht, sich von Fehlern zu distanzieren, sie erst zu dokumentieren, bevor über Beseitigung überhaupt nachgedacht wird um dann nicht die wirtschaftlichste sondern die allersicherste Lösung zu nehmen) und jeden zukünftigen Fehler haben nicht die jetzt Planeneden gemacht, sondern waren "in der alten Planung angelegt".

Das wird ein wirtschaftliches, politisches, juristisches und menschliches (Leute, die vorher miteinander konnten werden sich hassen) Gemetzel werden. Ich kann mich der Häme nicht anschließen sondern nur Mitleid empfinden.

PS.: @Alex,
"nur politisch besetzt" kann ich bei Bauherrnseite kaum glauben, so eine Blauäugigkeit kann auf öffentlicher Seite doch nur entstehen, wenn durch Personalabbau und Pensionierungen die Bau- und Planungskompetenz gänzlich abhanden gekommen ist.

Meines Erachtens braucht man für solche Projekte einen Planungsleiter aus der Baubranche auch auf Bauherrnseite, der nachweislich wesentlich an Großprojektplanung beteiligt gewesen ist und ein Veto-Recht besitzt. Es gibt bei Investorenfirmen grundsätzlich solche Leute, die man notfalls hätte "ausleihen" können.



Liebe Grüße
von Uel

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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon AlexRE » Mo 26. Nov 2012, 16:23

@Uel

Ich frage mich, wieso das bei fast jedem staatlichen Großprojekt so läuft, wenn das nur Fehler sind (aus denen man lernen kann), und keine Absicht dahinter steckt.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon Uel » Mo 26. Nov 2012, 17:00

AlexRE hat geschrieben:@Uel

Ich frage mich, wieso das bei fast jedem staatlichen Großprojekt so läuft, wenn das nur Fehler sind (aus denen man lernen kann), und keine Absicht dahinter steckt.


[color=#0000BF]Das glaube ich nicht, dieses "fast bei jedem". Bei öffentlichen Bauvorhaben ist auch immer viel Hähme im Spiel und die Aussicht für Journalisten und Politiker, einen beteiligten Politiker schlachten zu können.

Auch weil es naturgemäß "Prototypen" sind, die aber nicht vorher getestet wurden, wie das jeder Autohersteller bei seinen viel kleineren Objekten niemals wagen würde. Die Beteiligten sind überwältigt und unvorbereitet auf die Zunahme der Komplexität bei Planungsfortschritt. Sie sind für den Großteil der Beteiligten auch viel zu selten, als dass sich Erfahrungen wesentlich kummulieren könnten. Dann gibt es die Unsitte, erfahrene Leute, die man nicht voll auslasten kann, gleich in den Vorruhestand zu schicken und Musterlösungen im Archiv bleiben im Archiv, wenn der Nachwuchs nicht einmal ahnt, dass die Lösung im Hause schon mal erdacht wurde.



Wegen der langen Nutzungsdauer erliegen die Beteiligten auch oft dem Zauber des Machbaren und bestellen es wegen der Zukunftssicherheit ihres Gebäudes und reduzieren ihre Wünsche nicht auf das Wesentliche.
[/color]
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von Uel

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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon AlexRE » Mo 26. Nov 2012, 17:11

Uel hat geschrieben:Dann gibt es die Unsitte, erfahrene Leute, die man nicht voll auslasten kann, gleich in den Vorruhestand zu schicken und Musterlösungen im Archiv bleiben im Archiv, wenn der Nachwuchs nicht einmal ahnt, dass die Lösung im Hause schon mal erdacht wurde.


Auch diese brüllende Idiotie ("passt nicht in unser junges Team") konnte sich nur etablieren, weil die Verantwortlichen die Folgen nicht selbst bezahlen müssen, sondern auf den Steuerzahler abwälzen können. Eine freie Marktwirtschaft, die diesen Namen verdient, würde solche Idioten ausmendeln und die Marktanteile der Berufsdummschwätzer nüchtern-kompetenten Profis zuweisen.
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Re: Flughafen BER und kein Ende

Beitragvon Staber » Mo 26. Nov 2012, 17:44

Uel hat geschrieben:
Wer in der Spätphase des Projekts auf zahlreiche Änderungswünsche besteht und das zum grossen Teil bei fast fertiggestellten Bauabschnitten, kann sich nicht im nachhinein darüber beschweren, dass der Termin nicht eingehalten werden konnte.
Stellt euch das mal so vor:
Ein Bauabschnitt ist so gut wie fertig, und dann überlegen es sich Auftraggeber anders und es muss alles wieder eingerissen und neu gebaut werden. Obwohl die komplizierten technischen Gegebenheiten auch schon fast fertiggestellt waren.
Und dafür gibt es viele Beispiele, dass das so abgelaufen ist. Auch der Aufsichtsrat spielte dabei eine ganz unrühmliche Rolle.
Die Verantwortlichen suchen mMn jetzt nur einen Sündenbock.
Für mich gehören sie angesichts dessen, dass der ursprüngliche Bauplan nicht eingehalten wurde und Unsummen von Steuergeldern verschwendet wurden, deshalb hinter Schloss und Riegel.


Hallo Maxi,

da ist das Wesentliche von komplizierten Bauvorhaben erfasst, Respekt Maxi.
Denn üblicher Weise wird in Baudingen viel Unsinn von Laien erzählt, denn jeder hat eigene oder kennt jemanden, mit Erfahrungen auf Baustellen und bildet sich dann ein, er könne das komplexe Geschehen auf techniklastigen Großbaustellen abschätzen. Denn da haben selbst Bauerfahrene so ihre Schwierigkeiten. Bei so banalen Dingen wie Autofahren ist jedem Polo-Fahrer klar, dass er nicht einfach in Vettels Rennauto steigen kann und die nächste Saison dann für sich als Newcomer entscheiden könnte. Aber beim Bauen scheinen die Menschen sich ähnlich den nestbauenden Vögeln ein Bau-Gen einzubilden, welches jeden zum Experten macht.

Es ist richtig erkannt, dass Änderungswünsche nach Erstellung der Ausführungsplanung und Auftragsvergabe an die Bauunternehmer das Teuerste ist, was ein Bauherr sich genehmigen kann. Denn wenn das Ganze bis dahin sehr wirtschaftlich geplant wurde (mit geringen Gewinnspannen der Beteiligten) ist es jetzt spätestens das Signal an alle Beteiligten, sich mit Nachträgen, Verzugsmeldungen und Bedenkenanmelden den vorher wegverhandelten großzügigen Schluck aus der Pulle doch noch zu holen.

Mit "Schloss & Riegel" wird man dem Ganzen aber nicht gerecht: Denn bei diesem Riesending werden zig Leutchen involviert sein, die Fehlentscheidungen (Nichtentscheidungen sind im Gegensatz zur Politik auch immer Fehlentscheidungen, da die dann später doch notwendige Entscheidung in der Regel teurer wird) zu verantworten haben. Es wird nicht einfach sein für Juristen, den Sachverhalt in seiner gesamten Komplexität überhaupt richtig zu erfassen, geschweige dann angemessen zu urteilen.

Für mich riecht das Ganze nach schierem Angstschweiss. Gut zu sehen bei Wowereits unsicheren, verlegenen Gesten in der Öffentlichkeit.

Meine Deutung: eine Wirtschaftlichkeitsprognose hat festgestellt, dass die Geschäfts-, Gatronomie und Ladenbelegung, offenbar ein wirtschaftliches Fundament des Flughafens, so nicht dauerhaft wirtschftlich funktionieren würde: der Horror für jeden Bauherrn, auch den öffentlichen (siehe Beck am Nürburgring). Nur ein so wesentlicher Grund kann meines Erachtens diese gigantische Umplanung und Umsortierung der Funktionen rechtfertigen. Ab jetzt sind alle Gejagte von Terminproblemen, Sachzwängen, Mißverständnissen, Meinungsverschiedenheiten und Konfrontationen. Teile der Planung müssen durch Improvisation ersetzt werden, Stress und (unbezahlte) Überstunden nehmen zu, ect.

Jetzt aber Planungsbüros zu wechseln, weil man mit ihnen nicht mehr "klarkommt", weil man sich z. B. angeschieen hat, ist der größte Fehler, den ein Bauherr bei so riesigen terningebundenen Projekten machen kann: Die neuen Planer müssen sich erst einarbeiten, wofür die Alten durch hereinwachsen ins Projekt Jahre Zeit hatten, dann bleibt auch nur ein Baustop übrig, für fast alle Unternehmen auf der Baustelle (mit dem Risiko der Insolvenz für die Schwächeren von ihnen). Wie schnell blicken die Neuen durch, wie gut läuft ihre Dedektivarbeit (warum in Gottes Namen haben die das so geplant und nicht wie wir das sonst machen ...), wieviel Risiko sind die bereit zu übernehmen (der ursprünglich Planende ist immer darauf aus, seine Fehler noch zu finden und kostengünstig zu beseitigen, der Planungsübernehmende ist erpicht, sich von Fehlern zu distanzieren, sie erst zu dokumentieren, bevor über Beseitigung überhaupt nachgedacht wird um dann nicht die wirtschaftlichste sondern die allersicherste Lösung zu nehmen) und jeden zukünftigen Fehler haben nicht die jetzt Planeneden gemacht, sondern waren "in der alten Planung angelegt".

Das wird ein wirtschaftliches, politisches, juristisches und menschliches (Leute, die vorher miteinander konnten werden sich hassen) Gemetzel werden. Ich kann mich der Häme nicht anschließen sondern nur Mitleid empfinden.

PS.: @Alex,
"nur politisch besetzt" kann ich bei Bauherrnseite kaum glauben, so eine Blauäugigkeit kann auf öffentlicher Seite doch nur entstehen, wenn durch Personalabbau und Pensionierungen die Bau- und Planungskompetenz gänzlich abhanden gekommen ist.

Meines Erachtens braucht man für solche Projekte einen Planungsleiter aus der Baubranche auch auf Bauherrnseite, der nachweislich wesentlich an Großprojektplanung beteiligt gewesen ist und ein Veto-Recht besitzt. Es gibt bei Investorenfirmen grundsätzlich solche Leute, die man notfalls hätte "ausleihen" können.






Moin Uel!
Bei diesem Thema könnte man die hämische Frage stellen, was exportiert der "Exportweltmeister" Deutschland eigentlich, wenn namhafte deutsche Firmen (Bosch, T-Systems, Siemens, Imtech) nicht einmal ein mittelgroßes Bauvorhaben wie BER fristgerecht fertigzustellen vermögen?

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