Beitrag vom 21.08.2008 18:30 Uhr: Darf ein moderner yogi oder ein mündiger Bürger zu allem schweigen?
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Namaste, om namah shivaya und Hallo.
Ich möchte hier einmal die werte Leserschaft zu einer Diskussion über folgende, absichtlich etwas provokant formulierte Frage, animieren und allgemein etwas zum nachdenken anregen. Darf ein "moderner" yogi oder auch ein sog. "mündiger Bürger" in der heutigen Zeit zu allem schweigen? Dabei kann man die angeführte Argumentation für den "mündigen Bürger" oder Personen, die gerne ein solcher wären, als grundsätzlich analog anwendbar betrachten.
Wie wir alle wissen, war es in früheren Zeiten üblich, dass man sich, u. a. zwecks spiritueller Weiterentwicklung, als yogi in asketischer Genügsamkeit zurückzog, und sich sowohl zu politischen, als auch gesellschaftlichen Problemstellungen meist gar nicht geäußert hat.
Die Zeiten haben sich jedoch deutlich gewandelt. Wir leben im "Manipulationszeitalter". Die Möglichkeiten der Massenmanipulation waren nie besser als heute. Diese werden, begünstigt durch Medien aller Art, durch unterschiedlichste Interessengruppen bestens ausgenutzt, um deren eigennützige Ziele zu verfolgen. Man bedenke, selbst "normale" Nachrichten sind bereits vorselektiert, sowie von Redakteuren aufbereitet und damit nur noch eingeschränkt objektiv ... .
Der größere Teil der Bevölkerung verfügt weder über die faktischen, sowie intellektuellen Möglichkeiten, noch über den Willen, sich selbst zu bedeutsamen Themen mit möglichst neutralen Informationen zu versorgen, um abwägen zu können. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass die Informationsbeschaffung auch mit einer Menge Zeit- und Energieaufwand verbunden ist, weshalb sich das Interesse daran, selbst bei unter Umständen lebenswichtigen Dingen, bei den meisten sehr in Grenzen hält.
Insbesondere deswegen, weil viele Menschen nicht über die notwendigen Möglichkeiten verfügen, kommt dem Handeln derjenigen, welche gelernt haben annähernd objektiv, neutral und ohne Beeinträchtigung durch das eigene Ego denken und handeln zu können, eine besondere Bedeutung zu.
Persönlich bin ich der Auffassung, dass es kein Grund ist arrogant zu sein oder zu werden, sondern eine große Verantwortung beinhaltet, im Leben die Möglichkeit erhalten zu haben, dass man viel lernen durfte. Als yogi, oder jemand, der nach yogischen Lebensregeln lebt, betrachte ich es als Verpflichtung dieses Wissen mit jenen zu teilen, welche die vorgenannte Möglichkeit nicht hatten oder haben. Das gilt ganz besonders für die Bereiche, in welchen objektive und wahrheitsgetreue Informationen nur schwer zu erlangen sind, oder solche bewusst vor der "breiten Masse" verheimlicht werden, insbesondere diejenigen, die Leib, Leben und Gesundheit betreffen, beispielsweise solche über die gentechnische Veränderung von Nahrungsmitteln, die Nanotechnologie, etc.. Diesbezüglich existiert eine sehr reichhaltige Themenvielfalt, die hier deshalb nur exemplarisch angedeutet werden kann.
Als Fazit kann ich daher konstatieren, dass ich es als persönliche Lebenspflicht (svadharma) betrachte, Wissen zu teilen und diejenigen, welche das von sich aus wollen, über Dinge aufzuklären, welche, im wesentlichen um die Raffgier einiger weniger Personen zu befriedigen, verheimlicht, verharmlost oder entstellt werden sollen. Somit sehe ich es als allgemeine Verpflichtung (Lebenspflicht; dharma) eines "modernen" yogi, der nach den yogischen Lebensregeln yama und niyama lebt, oder auch eines wirklich mündigen Bürgers an, eben nicht zu allem zu schweigen, sondern erlangtes Wissen zu teilen, sich aktiv am gesellschaftlich politischen Leben zu beteiligen und, soweit erforderlich, nach den jeweiligen eigenen Möglichkeiten objektiv aufzuklären, nicht zu belehren, und auch so, bei denjenigen, die es wünschen, für eine möglichst objektive und neutrale Bewusstseinserweiterung jenseits von interessengeprägter Beeinflussung zu sorgen.
Ziel dieses Aufklärens, nicht Belehrens, ist es, mehr Menschen in die Lage zu versetzen, größere Zusammenhänge zu erkennen, so dass sie selbst die für ihr eigenes Leben notwendigen Schlüsse daraus ziehen können und damit letztlich nicht mehr so leicht manipulierbar sind.
Das teilnahmslose Zusehen bei, Schweigen zu und reaktionslose Geschehenlassen von unter anderem manipulativen Vorgehensweisen anderer oder Geschehnissen besonderer Tragweite, die durchaus auch Einzelfälle sein können, ist zum großen Teil verantwortlich dafür, dass die derzeitigen Verhältnisse so sind, wie sie sind ...
"Unsere Generation wird nicht so sehr die Untaten böser Menschen zu beklagen haben, als vielmehr das erschreckende Schweigen der guten", wie schon Martin Luther King (US-amerikanischer Bürgerrechtler - Friedensnobelpreisträger 1964) zu seiner Zeit klar feststellte.
Wer immer die Fähigkeiten und die Möglichkeit hat anderen aus den Schranken der Manipulationsgesellschaft zu helfen sollte dies, sofern gewünscht, auch tun, wobei es natürlich freigestellt ist inwieweit man sich diesbezüglich engagiert.
Anmerkung: Bei den yama handelt es sich um 5 Lebensregeln im Verhältnis zu anderen Lebensformen, bzw. Lebewesen (extrapersonale Aspekte), bei den niyama um 5 Lebensregeln für sich selbst (intrapersonale Aspekte). Reine Sanskritbegriffe wurden klein geschrieben, da es im sanskrit keine Groß- und Kleinschreibung gibt, um so nah wie möglich am Original zu bleiben.
Allen eine interessante Diskussion und ein gesundes Leben, om shantih (yogischer Friedensgruß),
Santoshananda
(Urfassung, ohne die Ergänzung des "Mündigen Bürgers" vom 03.06.2007)
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Editiert am 23.08.2008 19:29:52 von santo