Dann wollen wir mal ...
1. Was ist das BGE?"Ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist ein sozialpolitisches Finanztransfermodell, in dem jeder Bürger vom Staat eine gesetzlich festgelegte und für jeden Bürger gleiche finanzielle Zuwendung (Transferleistung) erhält, für die keine Gegenleistung erbracht werden muss. Prinzipiell identisch zum "Bürgergeld" wird das Grundeinkommen jedoch meist in einer Höhe diskutiert, die bereits ohne weitere Einkommen oder bedingte Sozialhilfe existenzsichernd wäre."
"Das bedingungslose Grundeinkommen stellt ein Einkommen für alle dar, das eine Grundlage zur Sicherung der Existenz und gesellschaftlichen Teilhabe darstellen soll, ohne dass eine sozialadministrative Bedürftigkeitsprüfung erfolgt und ohne dass eine Bereitschaft zur Arbeit gefordert wird."
(zitiert nach
http://de.wikipedia.org/wiki/Bedingungs ... deinkommen)
2. Welche positiven Folgen erhofft man sich vom BGE?2.1Befürworter leiten das Ziel eines Bedingungslosen Grundeinkommens aus der Menschenwürde ab: Das grundgesetzliche Verbot der Zwangsarbeit werde durch den ökonomischen Zwang zur Arbeit um der Selbsterhaltung willen ausgehebelt. Die Befürworter möchten damit Freiheit für die persönliche Entfaltung des Individuums schaffen und somit neue Lebenskonzepte in sozialen und künstlerischen Bereichen ermöglichen.
2.2Götz Werner ist der Auffassung, ein bedingungsloses Grundeinkommen würde nach den Gesetzen freier Märkte dazu führen, dass bisher schlecht bezahlte, aber notwendige Arbeit besser bezahlt werde bzw. attraktiver gestaltet werde. Für notwendige oder weithin gewünschte Arbeiten würden zwangsläufig ansprechende und lohnende Arbeitsverhältnisse geschaffen werden, und für ausreichend attraktive beziehungsweise lukrative Arbeitsangebote fänden sich im Mittel und mittelfristig immer genug Arbeitswillige.
2.3Befürworter behaupten sehr gern, ein BGE würde zu einem dramatischen Abbau an Sozialbürokratie führen.
3. Welche negativen Folgen könnte ein BGE haben?3.1Das BGE soll per definitionem ja bedingungslos sein – gemeint ist (s. o.) der Verzicht auf jede Art von Bedürftigkeitsprüfung. Dies würde aber bedeuten, dass dem demagogischen Populismus Tür und Tor geöffnet wird – schließlich haben dann auch Leute, die ein BGE nicht benötigen, einen einklagbaren Anspruch darauf! Und sobald der erste dieser Gruppe sein BGE einklagt oder sobald die erste Finanzierungslücke auftaucht, geht die jetzt schon beim Kindergeld zu besichtigende Demagogie los, dass es doch unsozial wäre, wenn auch "die" ein BGE erhalten würden.
3.2Es könnte das genaue Gegenteil von (2.2) eintreten: Ein BGE könnte die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme (und damit zu einem gewissen Grad an wirtschaftlicher Unabhängigkeit von Staat und Sozialbürokratie) tendentiell abnehmen lassen. Menschlich verständlich - wer würde schon für 800 EUR Vollzeit arbeiten gehen, wenn auch Nicht-Arbeiten in gleicher Höhe oder höher honoriert würde. Dies würde die Menschen aber mittel- und langfristig (wenn sie dann nämlich aufgrund der jahrelangen Entwöhnung von den Anforderungen des Arbeitslebens überhaupt nicht mehr "arbeitsmarkttauglich" sind) in existentielle Abhängigkeit vom Staat treiben. Dies dürfte ein wesentliches Motiv der BGE-Befürworter aus der Politik sein.
Es gäbe dann BGE nach Kassen- und Interessenlage - wie das gehandhabt würde, ist am Beispiel Rentenanpassung zu sehen: 2009 ist Wahljahr, also wird mit derzeit geplanten 2,75 % Rentenerhöhung das Füllhorn ausgeschüttet. Berücksichtigt man aber, dass es in 2008 nur 1,1 % waren und es davor 3 Nullrunden gab, kommt man auf 3,75 % Erhöhung in 5 Jahren bzw. 0,7 % pro Jahr.
3.3Da ja nun der Mensch an und für sich und überhaupt aufgrund seiner evolutionären Entwicklung prinzipiell erst mal egoistisch ist und egoistisch handelt, steht folgendes zu befürchten: Die Menschen sind (siehe 3.2) nicht mehr arbeitsmarkttauglich, wollen auch nicht mehr arbeiten - aber natürlich so viel wie möglich für ihr BGE kaufen können (nennt sich ökonomisches Prinzip, 1. Semester VWL). Also werden sie den Discountern die Bude einrennen und qualitativ höherwertige und entsprechend dann teurere Güter (aus dem Biomarkt bspw.) links liegen lassen. Dies führt mittelfristig zu einer qualitativen Angebotsverarmung und zu einer quantitativen Anbieterkonzentration (Oligopole und evtl. sogar Monopole, die aber nur noch Schund zu Wucherpreisen anbieten). Dies dürfte ein wesentliches Motiv der BGE-Befürworter aus der Wirtschaft sein: Das BGE würde für einen relativ konstanten Umsatz in den Filialen der Billigheimer sorgen. Aber wenn man uns dann bspw. Gentechnik unbedingt aufdrängen will und kein Produzent und kein Anbieter von gentechnikfreien Bio-Lebensmitteln mehr am Markt sein wird, was machen wir dann?????
Denn es macht schon sehr stutzig, wenn gerade einer wie Götz Werner so etwas wie das BGE propagiert - der Chef der Billig-Drogeriekette "dm" ist mit dieser nicht so erfolgreich, weil er ausschließlich sozial denken würde! Ganz im Gegenteil - um gerade in dieser Branche im (nicht eben leichten) Wettbewerb bestehen zu können, muss man schon ein nicht mehr ganz kleines Schweinchen sein. Insofern ist auch hinter seiner BGE-Idee ein gut getarnter Egoismus zu vermuten.
3.4Das BGE würde in sämtlichen Tarifverhandlungen (egal, ob mit Gewerkschaften oder auf einzelvertraglicher Ebene) in Löhne und Gehälter eingepreist - die Löhne und Gehälter würden also sinken, weil sie ja auf das BGE obendrauf kämen. Das allein wäre für die Beschäftigten noch nicht so tragisch (die Summe aus Arbeitsentgelt und BGE bliebe ja in etwa konstant). Es würden aber – wegen der Senkung der Lohnkosten pro Beschäftigtem - die Gesamtlohnkosten der Unternehmen sinken, die Gewinne entsprechend steigen. Kann man das sozial nennen?
3.5Wenn man ein BGE wirklich will, braucht man ein angemessenes Einwanderungsrecht. Wenn schon ALG II einen derart hohen Zuzugs-Anreiz bietet - was soll erst werden, wenn ein BGE in Höhe von ALG II + x winkt?
4. Allgemeine konzeptionelle Kritik am BGE4.1Das BGE wäre der Einstieg in die umfassende Entmündigung der Bürger, ein Verrat an den Idealen der Kantschen Aufklärung - und gleichzeitig ein Riesenschritt weg von Freiheit und Selbstverantwortung, dafür ginge es wieder in Richtung Obrigkeitsstaat.
Benjamin Franklin: "Wer Freiheit aufgibt, um vermeintliche Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit."
4.2Im Bereich der Entwicklungshilfe verabschiedet man sich so langsam von der Gießkannen-Doktrin "Viel hilft viel" und setzt stattdessen vermehrt auf gezielte Hilfe zur Selbsthilfe.
Was man also im "Außen-Bereich" (wegen erwiesener nahezu umfassender Nutzlosigkeit sowie Verschwendungs- und Korruptionsanfälligkeit) zurückfährt, soll im "Innen-Bereich" das Allheilmittel sein?
"Wenn die Menschen Hunger haben, gib ihnen nicht nur Fisch, sondern lehre sie angeln."
4.3Wenn man annimmt (und es bestehen gute Gründe dafür), dass (siehe 3.2) ein Teil der Menschen nicht mehr interessiert sein wird an Erwerbsarbeit, muss man fragen dürfen: Welcher Teil wird so handeln?
a) Diejenigen, die jetzt immer noch und trotz der mit Begeisterung aufgetürmten Bremsklötze versuchen, ihr Leben selbst zu meistern?
Oder:
b) Diejenigen, die jetzt schon aus Bequemlichkeit verlangen, dass der Staat ihnen alle Risiken abnimmt?
Anfälliger dürfte doch die unter b) genannte Gruppe sein - also diejenigen, die in Anlehnung an (4.2) eher Hilfe zur Selbsthilfe bräuchten.
4.4Volkswirtschaftliche Auswirkungen sind durchaus auch zu befürchten – und die werden mit zunehmender Verfestigung der BGE-Mentalität immer gravierender: Je mehr Menschen immer mehr Geld fürs Nichtstun bekommen (das ist eine wertfreie Tatsachenbeschreibung, keine Diffamierung!), desto höher muss die sich im Umlauf befindliche Geldmenge in Relation zum Wert der hergestellten Güter / erbrachten Dienstleistungen sein, um die BGE-Ansprüche wenigstens auf dem Papier finanzieren zu können. Logische Folge bei steigender Geldmenge und sinkender erbrachter Arbeit: Inflation. Und die ist alles mögliche, aber nicht sozial.
4.5Die gern als leuchtendes Beispiel genannte BGE-Variante in Alaska taugt nicht wirklich als Blaupause für Deutschland:
Der Alaska Permanent Fund wird aus den Gewinnen aus dem Ölgeschäft gespeist und bringt damit (böse böse!) neoliberal-verwerfliche (weil klimaschädliche) Dividende unters Volk.
Er ist also viel eher eine Art Stillhalteprämie (um Klagen gegen die Ölförderung zu vermeiden bzw. derartigen Klägern einen schweren Stand bei der Bevölkerung zu verschaffen) als ein wirklich als BGE konzipiertes und umgesetztes BGE. Es wird sich bei Ende der Ölförderung in Wohlgefallen auflösen.
4.6Die Naivität, mit der sich die linken BGE-Befürworter mit den BGE-Verfechtern aus der Wirtschaft zusammentun, ist atemberaubend.
Bei jedem anderen Thema wird dem gesamten Polit-Zirkus aus FDP und CDU und auch Typen wie Götz W. allein wegen ihres Parteibuchs bzw. allein wegen der Art ihres Gelderwerbs nicht über den Weg getraut, es wird per se erst mal neoliberal-asoziale Hinterlist hinter all ihrem Tun und hinter all ihren Äußerungen vermutet (ob zu Recht oder zu Unrecht, ist hier nebensächlich).
Und ausgerechnet beim Thema BGE sollen die, denen ansonsten angeblich die Ideen für neue asoziale Hinterfotzigkeiten nicht ausgehen, dann seriös und ausschließlich sozial motiviert sein? Das ist wirklich mehr als naiv, das ist wirtschafts- und finanzpolitischer Analphabetismus!
Dieses war der erste Streich - und der zweite folgt alsbald.