Strafen für Raser zu mild 28.06.2016 20:49 Uhr
Flächendeckende Kontrollen, harte Sanktionen
Rund 3000 Menschen sterben in Deutschland jährlich im Straßenverkehr. Der Kolumnist und Rechtsanwalt Heinrich Schmitz fordert höhere Strafen für Raser. HEINRICH SCHMITZ
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Kaum ein Politiker traut sich
Natürlich merkt man in modernen Fahrzeugen keinen Unterschied mehr zwischen 70 und 90 km/h und auch keinen zwischen 130 und 160. Aber dafür gibt es ja das Tachometer. Das ist nicht nur dazu da, sich ob der angezeigten Maximalgeschwindigkeit – die manchmal sogar noch während der Fahrt mit dem Handy gefilmt wird – einen runterzuholen, sondern um seine Geschwindigkeit zu kontrollieren. Wer sich und seine Geschwindigkeit nicht kontrollieren kann oder will, der hat in einem Kraftfahrzeug auf der Straße nichts verloren.
Es mag einzelne Schilder geben, die an der falschen Stelle stehen. Aber das bedeutet nicht, dass man sich über die einfach hinweg setzen darf. Klagen Sie doch einfach dagegen, das geht. Vielleicht habe die doch einen Sinn, den Sie nur nicht erkannt haben.
Kaum ein Politiker traut sich, ernsthaft zu fordern, notorische Schnellfahrer wirklich in ihre Schranken zu weisen. Die Bußgelder und auch die Strafen in Deutschland sind angesichts der Gefahren des Zuschnellfahrens und angesichts der Unfalltoten geradezu lächerlich. Bei jugendlichen Gesetzesbrechern und Flüchtlingen wird doch auch gerne mal die „Härte des Gesetzes“ gefordert, bei Verkehrs-„sündern“ eher nicht. Bereits das Wort „Sünder“ ist eine völlige Verharmlosung von egoistischer Gewissenlosigkeit auf Kosten der Allgemeinheit. Warum hier nicht auch mal ein „Warnschussarrest“? Selbst in Fällen „fahrlässiger“ Tötung habe ich noch nie erlebt, dass ein Täter einmal zur Höchststrafe von 5 Jahren verurteilt worden wäre. In der Regel gibt es hier Geld- oder Bewährungsstrafen. Und manch einer darf uns dann bereits vor dem Jahrgedächtnis des Getöteten wieder mit seinen Fahrkünsten bereichern. Nachvollziehbar? Ich denke nein.
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http://www.tagesspiegel.de/politik/stra ... 98352.html
Man sollte bei dem Thema vielleicht nicht ganz ausklammern, dass Deutschland das einzige Land der Welt mit modernem Straßennetz (mal abgesehen von Nordkorea, wo ohnehin nur Bonzen Auto fahren) ist, wo zur selben Zeit auf der selben Fahrspur eine Mutti mit Kind auf dem Rücksitz 90 km/h und ein Testpilot von Daimler 300 km/h schnell fahren dürfen. Wenn sich dann das in diesem Rechtsrahmen angelegte Risiko verwirklicht, wird der Pilot wegen fahrlässiger Tötung verknackt (und bekommt erst in der 2. Instanz Bewährung).
Die allgemein zugänglichen Rennstrecken mögen ja für die Spitzenposition des Industriestandorts Deutschland am Weltmarkt für hochpreisige Autos förderlich sein, für die Mentalität der hiesigen Autofahrer sind sie aber bestimmt nicht gut. Die würden sich auch schikaniert fühlen, wenn der vermeintlich bestimmungsgemäße Gebrauch der PS - starken goldenen Kälber künftig mit viel höheren Strafen und Geldbußen (nämlich den international üblichen) geahndet würde als bisher.
Die Vorschläge des Autors sind demnach geeignet, im Falle ihrer Umsetzung viele Millionen wahlberechtigte Autofahrer und gleichzeitig die Vorstände der wirtschaftlich bedeutendsten Großunternehmen des Landes zu verärgern. Ich glaube eher nicht, dass man damit auf absehbare Zeit politisches Gehör finden kann.