Livia hat geschrieben:AlexRE hat geschrieben:Der Vergleich mit härteren Zeiten liegt so weit neben der Sache wie der Vergleich mit den Verhältnissen in der Dritten Welt. Früher waren auch die Reichen viel weniger und alle arbeitenden Menschen waren irgendwie an den zusätzlichen Früchten der gemeinsamen Arbeit durch das Wirtschaftswachstum und die verbesserte Arbeitsproduktivität beteiligt. Das ist seit Ende der 80er Jahre eben nicht mehr so, die unteren Einkommen sinken und die mittleren stagnieren, während sich die großen Vermögen verfünfacht haben. Die riesigen Geldhaufen können mangels zahlungskräftiger Kunden nicht mehr in die Realwirtschaft investiert werden, so dass die Verwalter der Riesenvermögen im globalen Casino gegeneinander zocken und die Verlierer von den Steuerzahlern der Industrieländer "gerettet" werden müssen.
Das kann und wird mit Sicherheit nicht dauerhaft funktionieren.
Ich denke schon dass man das auch mit früheren Zeiten etwas vergleichen kann. Immerhin leben noch viele Menschen die erlebt haben wie sparsam man leben musste. Ich habe meine Mutter sehr bewundert, ich weiss bis heute nicht wie sie mit 500gr Fett einen Monat kochen konnte für 7 Personen. Dass es uns heute besser geht haben wir auch unserem Arbeitseifer, unserer strikten Lebensweise und dem Glauben an bessere Zeiten bewahrt. Einige hatten mehr Glück, einige etwas weniger, kam aber oft auch auf die Art und Weise an, wie das Leben gestaltet wurde. Kein Eifer, kein Elan, kein Erfolg. Das ist bis heute so und wird sich auch nicht ändern. Menschen die heute nicht arbeiten, sich auf der faulen Haut ausruhen, müssen trotzdem nicht hungern, die Reichen bezahlen so viel Steuern dass es auch für die Faulsten reicht.
Wir reden aneinander vorbei. Hier geht es nicht um Faulpelze, die von den Steuern der Reichen leben, sondern um die Geldquellen der Reichen. Das sind hart arbeitende und - jedenfalls in Deutschland - weit unterbezahlte Menschen. Deshalb stagnieren die mittleren Einkommen und sinken die unteren Einkommen in Deutschland seit fast 30 Jahren und die großen Vermögen haben sich vervielfacht. Du schreibst selbst, woher der heutige gesamtgesellschaftliche Reichtum wirklich stammt:
Dass es uns heute besser geht haben wir auch unserem Arbeitseifer, unserer strikten Lebensweise und dem Glauben an bessere Zeiten bewahrt.
Den heute im Vergleich zu der Zeit Deiner Kindheit viel größeren Wohlstand haben alle arbeitenden Menschen gemeinsam erarbeitet. In der Schweiz ist dieser Wohlstand auch allen gemeinsam zugeflossen, in Deutschland aber nicht!! Hier betrügen die Stinkreichen seit Jahrzehnten die Masse des Volkes um ihren Anteil an den erarbeiteten Wohlstandszuwächsen. Der zornige Blick auf eine kleine Minderheit fauler Kostgänger lenkt Dich von dem viel größéren Skandal des Betrugs an der großen Mehrheit der immer noch fleißig arbeitenden Deutschen ab, zumal Du das in der Schweiz aus eigener Anschauung gar nicht erkennen kannst. Da läuft das ja nicht so.
Und was den oft zu hörenden und zu lesenden Einwand des "Jammerns auf hohem Niveau" betrifft: Bezogen auf die konkrete deutsche Situation ist das ungefähr so, als würde man jemandem, der sich ein Auto und ein Fahrrad erarbeitet hat und dem sein Fahrrad gestohlen wird, seine Verärgerung über Fahrraddiebe als Undankbarkeit gegenüber dem Schicksal vorhalten, weil er ja noch ein Auto hat und die meisten Menschen in der Dritten Welt nicht. Als weiterer Vorwurf kommt noch Sozialneid in Betracht, schließlich hat der Dieb ein Fahrrad und der "Meckerer" nicht.
So funktioniert das aber nicht. Wenn man sich auf diese Weise das Maul stopfen lässt und sich nicht mehr traut, gegen den Fahrraddiebstahl zu protestieren und sich gegen Diebe zu wehren, hat man ganz sicher demnächst auch kein Auto mehr.